DIN CEN/TR 16364
; DIN SPEC 19811:2012-09
Einfluss von Materialien auf Wasser für den menschlichen Gebrauch - Einfluss infolge der Migration - Abschätzung der Migration von organischen Materialien mittels mathematischer Modellierung; Deutsche Fassung CEN/TR 16364:2012
Influence of materials on water intended for human consumption - Influence due to migration - Prediction of migration from organic materials using mathematical modelling; German version CEN/TR 16364:2012
Verfahren
Fachbericht
Einführungsbeitrag
Während der letzten zwei Jahrzehnte wurde in mehreren wissenschaftlichen Untersuchungen nachgewiesen, dass die Migration von organischen Materialien in Simulanzlösemittel ein erfolgreich modellierbarer physikalischer Prozess ist. Der Massenübergang von einem organischen Material in ein Simulanzlösemittel ist abschätzbar, da er in vielen Fällen dem Zweiten Fickschen Diffusionsgesetz entspricht, das heißt der Diffusionsprozess ist der geschwindigkeitsbestimmende Schritt. Für die Abschätzung der Migration von organischen Substanzen aus organischen Materialien in Kontaktmedien wurde ein entsprechendes Modell auf der Grundlage dieser Gesetzmäßigkeit erstellt. Dieser Technische Bericht beschreibt die Anwendung der Vorhersagemodellierung für die Diffusion zur Abschätzung der spezifischen Migration einer Substanz aus einem Produkt, das für die Verwendung in Kontakt mit Wasser für den menschlichen Gebrauch vorgesehen ist. Die Anwendung gilt für organische Materialien, wie zum Beispiel Polymere, die für die Herstellung derartiger Produkte verwendet werden. Substanzen, die von außen auf ein Produkt aus einem organischen Material aufgebracht werden, zum Beispiel Antistatikmittel, Schmiermittel und so weiter, sind von der Diffusionsmodellierung ebenso ausgeschlossen wie Elektrolyte, Salze, Oxide und Metalle. Ausschließlich organische Substanzen mit einer genau bestimmten Molekularmasse oder Gemische mit genau bestimmten Bereichen von Molekularmassen sind für die Diffusionsmodellierung geeignet. Die Verfahrensweise der Diffusionsmodellierung ist einfach anzuwenden für geeignete organische Materialien in Rohr- oder Plattenform, für die Daten, wie zum Beispiel Materialdicke, einfach zu berechnen sind. Bei komplizierteren Produktformen, wie zum Beispiel bei Formstücken, sind geeignete Annahmen erforderlich. Zweck des Berichts ist die Anregung der Anwendung derartiger Verfahren in den Mitgliedstaaten, so dass ausreichend Erfahrung gesammelt werden kann, um die Bewertung der Werte einer derartigen Modellierung im Hinblick auf das Ergänzen oder Ersetzen konventioneller Verfahrensweisen zu ermöglichen. Gewöhnlich erfolgt die Abschätzung derartiger Migration in den Mitgliedstaaten durch genormte Verfahren auf der Grundlage von Laborprüfungen und -analysen, das heißt durch ein experimentelles Verfahren. Migrationsmodellierung stellt eine Alternative zu dieser Art experimenteller Prüfung dar. Die experimentelle Bestimmung der spezifischen Migration von Substanzen in Versuchswasser (simuliertes Trinkwasser) erfordert häufig einen erheblichen Zeit- und auch Kostenaufwand. Diese konventionelle Verfahrensweise hat gut funktioniert und generiert selbstverständlich Daten zur tatsächlichen Konzentration einer Substanz im Versuchswasser. Allerdings ist die Analyse in einigen Fällen schwierig oder sogar unmöglich aufgrund von Problemen, die beispielsweise durch chemische Zersetzung und Verflüchtigung der Substanz verursacht werden. Darüber hinaus ist die Substanz möglicherweise für verfügbare analytische Verfahren nicht geeignet, oder die nachzuweisende Zielkonzentration ist dafür zu gering. Daher könnte die Anwendung eines mathematischen Modells erhebliche Vorteile für Industrie und Behörden bieten, wie die Erfahrung bei der Kontrolle der Migration aus Kunststoffen in Kontakt mit Lebensmitteln bereits gezeigt hat. Modellierungsverfahren sind attraktiv, da sie grundsätzlich schneller und flexibler als konventionelle Prüfverfahren sind, wodurch verschiedene Einwirkbedingungen einfach und kostengünstiger untersucht werden können. Allerdings sollte jedoch verstanden werden, dass auch die mathematische Verfahrensweise, wie die experimentelle, ihre Grenzen hat. Eine genaue Abschätzung der Migration einer Substanz aus einem organischen Material in Wasser erfordert detaillierte Kenntnis des Diffusionsverhaltens der zu untersuchenden Materialien und Substanzen. Dieser Kenntnisstand kann durchaus umfangreiche experimentelle Studien erfordern - mehr als die experimentelle/analytische Verfahrensweise. Ein besonders wichtiges Merkmal der mathematischen Verfahrensweise ist aber die Möglichkeit der Verallgemeinerung. Dieser Technische Bericht wurde von der CEN/TC 164/WG 3 unter maßgeblicher Beteiligung deutscher Experten des NA 119-04-14 AA "Werkstoffe in Kontakt mit Trinkwasser" erarbeitet.
Dokument: zitiert andere Dokumente
Zuständiges nationales Arbeitsgremium
NA 119-07-09 AA - Werkstoffe im Kontakt mit Trinkwasser
Zuständiges europäisches Arbeitsgremium
CEN/TC 164/WG 3 - Wechselwirkungen von Werkstoffen in Kontakt mit Trinkwasser