DIN Verbraucherrat
Veröffentlichung von DIN SPEC 91472 „Remanufacturing (Reman) – Qualitätsklassifizierung für zirkuläre Prozesse“ im Juni 2023
Die Herstellung von Produkten geht mit dem Verbrauch von Rohstoffen (Ressourcen) einher, die in der Natur nicht in unbegrenzter Form vorkommen. Bislang wurden natürliche Rohstoffe abgebaut, aufbereitet und daraus Produkte hergestellt. Diese wurden ausgeliefert, gekauft, genutzt und am Ende entsorgt. Dies ist als lineares Wirtschaften zu verstehen. Alle diese Schritte, zu denen auch der Transport der Rohstoffe zum Werk und der Transport der Produkte zum Verkaufsort gehören, haben negative Auswirkungen auf die Umwelt. Dies hat mit den dabei auftretenden Emissionen zu tun (z. B. CO2-Emissionen durch Transport und den Energieverbrauch während der Produktion). Zusätzlich schwindet auch die Biodiversität durch den Eingriff in die Natur beim Rohstoffabbau, um nur zwei negative Folgen für die Umwelt zu nennen.
Da dieses lineare Wirtschaften vor dem Hintergrund der Klimakrise und dem Anwachsen der Weltbevölkerung in eine Sackgasse führt, müssen zukünftig die einmal gewonnen Rohstoffe und die daraus hergestellten Produkte im Kreislauf gehalten werden, ohne entsorgt zu werden. Dies bezeichnet man als Kreislaufwirtschaft (Circular Economy). Aus dieser Sicht ist es sinnvoller, die Lebensdauer von Produkten zu verlängern, indem man sie so konstruiert, dass sie leicht reparierbar sind. Auch könnten sie als ganzes Produkt an anderer Stelle erneut genutzt werden (Reuse). Zudem sollten möglichst viele Bauteile der Produkte nach Aufarbeitung weiterverwendet werden können (Remanufacturing). Zumindest soll das Material in möglichst guter Qualität zurückgewonnen werden (Recycling).
Um die Qualität dieser zuvor genannten Prozesse zu klassifizieren, wurde im Rahmen eines PAS-Verfahrens (Publicly Available Specification) durch ein Konsortium DIN SPEC 91472 erarbeitet. Sie wird im Juni 2023 veröffentlicht und kann kostenlos von der Homepage des DIN Medias heruntergeladen werden.
Die Qualität der zur Aufarbeitung gebrauchter Produkte benötigten Prozesse ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor für das Geschäftsmodell „Remanufacturing“. Die Prozessqualität ist für Endverbraucher*innen jedoch nicht unmittelbar relevant. Für diese Zielgruppe steht die Qualität des Produktes – weitgehend unabhängig von den zugrunde gelegten Prozessen – im Vordergrund. Dies wird mit Gewährleistung und ggf. Garantien für gebrauchte Produkte hinterlegt. Dennoch bedarf es auch einer zusätzlichen Kommunikationsanstrengung zwischen Handel/aufarbeitendem Betrieb und Endkund*innen, um die Vorteile der Wiederverwendung (ggf. nach Aufbereitung) von gebrauchten Produkten nicht zuletzt für die Umwelt darzustellen.
Das Konsortium hat sich hier für die Form eines Labels entschieden (s.u.). Dort werden z. B. Informationen zum Hersteller und zur Rücknahme des Produktes gegeben. Für letzteres ist mittels QR-Code hinterlegt, wo Verbraucher*innen das Produkt am Ende der ersten Lebenszyklusphase zur weiteren Verwendung wieder abgeben können und welche Gegenleistung sie dafür ggf. erhalten. Diesen Beitrag des Produktes zur Kreislaufwirtschaft will man in Form des neuen Indikators „Produkt-Zirkularität“, der ebenfalls auf dem Label dargestellt wird, kommunizieren.
Ausgangsbasis dieses neuen Indikators ist der bereits aus der Ellen MacArthur Foundation bekannte Material Circularity Indicator (MCI). Dieser gibt an, wie kreislauffähig ein Materialfluss ist und wird im Rahmen der DIN SPEC in zwei Subindikatoren unterteilt: Einen Subindikator für die Produktzusammensetzung „Product Composition Circularity (PCI) und einen Subindikator für die am Ende des ersten Lebenszyklus eintretenden Prozesse „End of Use Circularity Indicator (ECI). Für letztgenannten wird auch eine Rückführquote und eine Verschrottungsquote benötigt (für Teile, die zwar zurückgegeben wurden, aber nicht mehr weiterverwendet werden können). Falls den Firmen hierzu keine konkreten Zahlen vorliegen, wurden - abhängig vom Rücknahmesystem - Standardfaktoren für die Rückführquote eingeführt. So erhält ein „Product as a service“ (Bsp. gemietetes Handy) eine Rückführquote von 0,95. Hier wurde eine Verschrottungsquote von 0,05 angesetzt. Bei Rückgaberecht gegen Entgelterstattung (Pfand, z. B. für Gasflaschen) wurden abhängig von der Höhe des Produktpreises und des prozentual zu entrichtenden Pfands Rückführquoten von 0,5, 0,8 und 0,95 festgelegt. Die Standardwerte sind auch von Dienstleistern anzusetzen, die gebrauchte Pro-dukte aufarbeiten und weiterverkaufen, da sie keine Kenntnis von den tatsächlichen Rücklaufquoten haben können.
Sowohl PCI als auch ECI werden grafisch auf einer dreieckigen Skala von 0 (für lineare Prozesse) bis 1 (für perfekt zirkuläre Prozesse) dargestellt. Die Werte besitzen keine absolute, sondern nur eine relative Bedeutung. Sie bilden die Vergleichsbasis unterschiedlicher Produkte, da eine höhere Zirkularität üblicherweise mit geringeren Umweltauswirkungen eines Produktes einhergeht. Die Produktionsparamater sind im PCI (auf der Skala oben dargestellt) und die Wiederverwertungsparameter im ECI (auf der Skala unten dargestellt) repräsentiert. Zur Berechnung wird dem Bauteil/Produkt je nach Grad der Aufbereitung ein Faktor zugeordnet. So erhalten zu 100% direkt wiederverwendete Teile den Faktor 1, während ein aufgearbeitetes Teil, bei dem z. B. Komponenten gereinigt, auf- oder umgearbeitet werden, den Faktor 0,85 erhält. Wenn Neuteile eingesetzt werden müssen, erhalten diese den Faktor Null.
Feld | Beschreibung |
A | Beschriftung wie abgebildet |
B | Links: Name des Unternehmens welches das Produkt wieder aufgearbeitet hat Rechts: Handelsname des wieder aufgearbeiteten Produktes |
C | Überschrift, Skala und Beschriftungen wie abgebildet; PCI und ECI des Remanufacturing Produktes (nach 7.2) auf 2 Nachkommastellen genau; Position von PCI und ECI auf der Skala linear zwischen 0 und 1 korrekt anordnen |
D | Beschriftung wie abgebildet, Link enthält einen Informationstext zur Produktzirkularität sowie den angewendeten Indikatoren PCI und ECI |
E | Überschrift, Text links und Beschriftung wie abgebildet; QR-Code sollte zur Anwendung führen, die alle notwendigen Informationen zum Rücknahmesystem des Remanufacturing Produktes und des ggf. durch dieses ausgetauschte Gebrauchtteil enthält, ODER falls kein Rücknahmesystem für das Remanufacturing Produkt vorhanden ist, muss hier unter der Überschrift „Rücknahmesystem“ erläutert werden, warum kein Rücknahmesystem vorhanden ist. Hinweis: Der QR-Code führt zu einem qualitätsorientierten Ankaufsprozess, der die Entstehung des Abfallstatus sicher verhindert. Hierbei werden bestenfalls durch geschlossene Kreislaufsysteme tatsächliche Entledigungshandlungen wie auch ein Entledigungswille, der unter dem Korrektiv der objektiven Verkehrsanschauung steht, ausgeschlossen. |
F | Für ein bestimmtes Remanufacturing Produkt vom Remanufacturer vergeben fortlaufende einmalige Nummerierung |
G | Optional: Falls eine Zertifizierung vorliegt, ist hier die zertifizierende Institution und der Zeitpunkt der letztmaligen Zertifizierung einzutragen. Falls dies nicht der Fall ist, sind diese Felder nicht auszufüllen.. |
Durch die Einführung dieses Labels erhoffen sich die Beteiligten einen Schub für das Geschäftsmodell „Wiederaufbereiten von und Handel mit gebrauchten Produkten“ als effektiven Beitrag zur Kreislauswirtschaft.