DIN Verbraucherrat

2019-06-28

Vermittlung von ausländischen Betreuungskräften

Neue DIN SPEC (PAS) wird erarbeitet

Alte Dame im Seniorenheim
© Fotolia: Alexander Raths

Laut dem Statistischen Bundesamt gibt es in Deutschland rund 2,9 Millionen pflegebedürftige Menschen. Davon wünschen sich 73 Prozent eine Betreuung im häuslichen Umfeld.

Um dem hohen Betreuungsbedarf gerecht werden zu können, werden seit der Osterweiterung des Schengen-Abkommens zunehmend Betreuungskräfte aus Osteuropa hinzugezogen.  

Der Verband Häusliche Pflege und Betreuung schätzt, dass deutschlandweit etwa 300.000 Vollzeitbetreuerinnen aus Osteuropa arbeiten, wobei die Dunkelziffer um ein Vielfaches höher sein dürfte. Davon wird lediglich ein Viertel durch Agenturen vermittelt. Insgesamt existieren in Deutschland derzeit ca. 400 Vermittlungsagenturen für osteuropäische Betreuungskräfte. Wer eine osteuropäische Betreuungskraft in Vollzeit (8 bis max. 10 Std. täglich) beschäftigen möchte, muss nach Angaben der Verbraucherzentrale NRW mit Gesamtkosten zwischen 2.000 und 3.000 Euro pro Monat rechnen. Eine deutsche Fachkraft zu beauftragen wäre wesentlich teurer. Hierfür muss man mindestens 4.000 bis 6.000 Euro einkalkulieren.  

Bei der Wahl einer ausländischen Betreuungskraft über Vermittlungsagenturen müssen oft zwei Verträge abgeschlossen werden: ein Vermittlungsvertrag mit der Agentur in Deutschland und ein Dienstleistungsvertrag mit der ausländischen Firma (z. B. aus Polen, Bulgarien oder Rumänien).

Laut Stiftung Warentest (Test Mai 2017) werden auf den Webseiten oder im Informationsmaterial der Vermittlungsagenturen jedoch kaum Angaben zu den ausländischen Partnerfirmen gegeben, mit denen deutsche Verbraucher letztendlich einen Dienstleistungsvertrag abschließen. Auch der Beschäftigungs- und Versicherungsstatus der Beschäftigten ist oft unklar.

Bei der Vermittlung von Betreuungskräften aus dem Ausland durch Agenturen herrscht oftmals wenig Transparenz darüber, wer die Betreuungskraft ist und welche Qualifikationen sie in Bezug auf Betreuungskompetenzen, persönlichen Eignungskriterien und Vertrauenswürdigkeit mitbringt.

Oft wird mit einer „24-Stunden-Pflege“ oder „Rund-um-die Uhr-Betreuung“ geworben.

Das deutsche Gesetz erlaubt jedoch höchstens eine 48-Stunden-Woche – mit mindestens 11 Stunden Ruhezeiten zwischen den Arbeitseinsätzen und einen freien Tag pro Woche. Dies ist bei einem „Rund-um-die-Uhr-Betreuung-Konzept“ nicht zu realisieren.   

Das Test-Ergebnis der Stiftung Warentest zu Vermittlungsagenturen für Betreuungskräfte aus Osteuropa ist durchwachsen. Demnach sind 9 der 13 geprüften Agenturen hilfreich bei der Vermittlung, die anderen 4 Anbieter sind bedingt bis wenig hilfreich. Keine Agentur informierte die Verbraucher gut, vor allem nicht bei den rechtlichen und finanziellen Angelegenheiten. Bei allen Firmen wurden Mängel in den Verträgen festgestellt, welche vor allem zu Lasten der Beschäftigten aus Osteuropa gehen, etwa bei den Arbeits- und Ruhezeiten. Auch weisen die Dienstleistungsverträge große Mängel bezüglich der Haftung bei Fehlern und Unfällen der Betreuungskraft auf.

Viele Agenturen konnten kaum darlegen, wie sie eine Qualitätssicherung mit der ausländischen Partnerfirma sicherstellen. Nur wenige Agenturen konnten konkrete Vereinbarungen vorweisen, wie die Betreuungskräfte durch die Vermittler oder durch deren ausländischen Partnerfirmen auf die Aufgaben vorbereitet werden. Auch das Sprachniveau konnte nicht immer nachvollziehbar beschrieben werden.  

Bisher existiert weder eine gesetzliche Regelung noch eine Norm oder ein Standard, nach der sich Anbieter bei der Vermittlung richten können. Generell sind kaum Kriterien für Betreuungskräfte definiert? lediglich das Vorliegen einer A1–Bescheinigung, welches belegt, dass die Betreuungskraft bereits in einem anderen Staat sozialversichert ist, wird gesetzlich verlangt, von vielen Anbietern aber trotzdem nicht eingehalten.

Mit DIN SPEC (PAS) 77003 „Personen- und haushaltbezogene Dienstleistungen - Information, Beratung und Vermittlung“ und DIN SPEC (PAS) 77004 „Personen- und haushaltsbezogene Dienstleistungen - Dienstleistungserbringung“, bei denen der DIN-Verbraucherrat auch mitgearbeitet hat, werden zumindest maßgebliche Rahmenbedingungen hinsichtlich Information, Beratung und Vermittlung und der Dienstleistungserbringung von personen- und haushaltsbezogener Dienstleistungen definiert.

Mit der zukünftigen DIN SPEC (PAS) 33454 sollen Anforderungen zur Auswahl häuslicher Betreuungskräfte festgelegt und Kriterien zur Sicherung der Qualität aufgestellt werden, damit den Angehörigen und der zu betreuenden Person mehr Transparenz und Vergleichbarkeit bei deren Suche nach ausländischen Betreuungskräften gegeben werden kann. Diese Spezifikation soll für alle Vermittlungsagenturen, die Betreuungskräfte insbesondere - jedoch nicht ausschließlich - aus Osteuropa an Familien in Deutschland vermitteln, gelten.

Das Kick-Off Meeting fand am 13.06.2019 statt. Die Projektlaufzeit beträgt ca. 12 Monate. Der DIN-Verbraucherrat wird an der DIN SPEC (PAS) 33454 mitarbeiten und darauf hinwirken, dass geeignete Anforderungen an die Qualifikationen gestellt und geprüft werden können. Zudem wird die Verbraucherratsvertretung sich für mehr Transparenz und Vergleichbarkeit in der Verbraucherinformation einsetzen.

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