Normen und Recht

Rechtsverbindlichkeit von Normen

Nahaufnahme von zwei Händen, die auf einem Laptop tippen
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Rechtliche Bedeutung von Normen – Freiwillig und äußerst hilfreich

Die Anwendung von Normen ist grundsätzlich freiwillig. Normen sind nicht bindend, das unterscheidet sie von Gesetzen. Rechtsverbindlichkeit erlangen Normen, wenn Gesetze oder Rechtsverordnungen wie zum Beispiel EU-Richtlinien auf sie verweisen. Daneben können Vertragspartner die Anwendung von Normen auch in Vereinbarungen verbindlich festlegen.
In Fällen, in denen DIN-Normen weder von den Vertragsparteien zum Inhalt eines Vertrages gemacht worden sind, noch durch den Gesetzgeber verbindlich vorgeschrieben werden, dienen sie im Streitfall dennoch als Entscheidungshilfe, beispielsweise in Haftungsprozessen. Gerichte ziehen Normen und technische Regeln in Verfahren auf dem Gebiet des Mängelgewährleistungsrechts sowie des Delikts- und Produkthaftungsrechts heran, um zu beurteilen, ob der Hersteller die allgemein anerkannten Regeln der Technik beachtet und somit die verkehrsübliche Sorgfalt eingehalten hat.
Normen sind damit in der Regel Empfehlungen, deren Einhaltung für Unternehmer im Hinblick auf mögliche Haftungsfälle eine gewisse Rechtssicherheit darstellt.

Kauf- und Werkvertragsrecht: Normen als Maßstab mangelfreier Beschaffenheit

Technische Normen haben insbesondere im Kauf- und Werkvertragsrecht rechtliche Bedeutung: Denn zur Klärung der Frage, ob ein Produkt einen Mangel aufweist, kann der Richter auf einschlägige Normen zurückgreifen. Aus diesen leitet er ab, wie ein Produkt nach Meinung unbeteiligter Experten beschaffen sein sollte. Gerichte sehen DIN-Normen als allgemein anerkannte Regeln der Technik an. Wird ein Produkt unter Einhaltung von DIN-Normen gefertigt, gehen Gerichte davon aus, dass ein Produkt die verkehrsübliche Beschaffenheit aufweist.
Ist die Einhaltung einer Norm nicht vertraglich festgelegt, so führt deren Nichteinhaltung nicht zwingend zu einem Mangel. Die verkehrsübliche Beschaffenheit kann auch ohne Berücksichtigung einer Norm hergestellt werden, zumal deren Anwendung freiwillig ist. Werden die einschlägigen Normen nicht eingehalten, muss der Verkäufer bzw. Hersteller allerdings auf andere Art nachweisen, dass das Produkt die verkehrsüblichen Anforderungen erfüllt. Gelingt dieser Nachweis nicht, kann der Käufer gesetzliche Gewährleistungsansprüche geltend machen. Er hat Anspruch auf die Beseitigung des Mangels, auf Lieferung eines mangelfreien Produktes und ggf. auf Ausgleich der Schäden, die durch den Mangel entstanden sind.

Haftungsrecht: Normen als Bewertungsmaßstab für Verschulden und für die haftungsrechtliche Zurechnung von Schäden

Bei der außervertraglichen Haftung für Sach- oder Personenschäden sind insbesondere das Produkthaftungsgesetz und das allgemeine Deliktsrecht von maßgeblicher Bedeutung. Mithilfe von Normen kann der Richter beurteilen, ob ein Produkt fehlerhaft ist oder ob ein Hersteller einen Schaden zu vertreten hat.

  • Produkthaftungsgesetz – die verschuldensunabhängige Haftung: Wenn ein Produkt fehlerhaft ist und es deswegen zu einer Schädigung einer Person oder Sache kommt, trifft den Hersteller des Produktes eine gesetzliche Schadensersatzhaftung, er muss für den eingetretenen Schaden aufkommen. Diese außervertragliche Haftung greift gegenüber jedem, der das Produkt gebraucht und deswegen einen Schaden erleidet. Bei der Produkthaftung spielen für die Beurteilung der Fehlerhaftigkeit des Produktes die einschlägigen technischen Normen eine nicht zu unterschätzende Rolle.
  • Deliktsrecht – die verschuldensabhängige Haftung: Entsteht durch ein fehlerhaft hergestelltes Produkt ein Personen- oder Sachschaden, haftet der Produzent nach Deliktsrecht, wenn ihn ein Verschulden trifft und er keinen Beweis erbringen kann, der ihn vom Fahrlässigkeitsvorwurf entlastet. Im Prozess kommt dem Normanwender der entscheidende Vorteil zu Gute, dass er sich infolge der Einhaltung der Norm darauf berufen kann, die allgemein anerkannten Regeln der Technik befolgt zu haben. Nach den Grundsätzen des Anscheinsbeweises wird der Richter davon ausgehen, dass er bei der Herstellung sorgfältig gehandelt hat und einen Sorgfaltsverstoß im Sinne von Fahrlässigkeit verneinen.

DIN-Normen sind keine Lehrbücher. Sie richten sich an Fachleute. Jeder Anwender muss so viel Sachverstand haben, dass er die Verantwortung für sein Handeln selbst übernehmen kann.

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