Normungsprozess: So entsteht eine Norm
DIN-Normen sind das Ergebnis akribischer nationaler, europäischer oder internationaler Normungsarbeit. Jeder kann die Erstellung einer Norm anstoßen. Diese Normen werden von Ausschüssen bei DIN, den europäischen Normungsorganisationen CEN/CENELEC oder den internationalen Normungsorganisationen ISO/IEC gemäß festgelegten Grundsätzen und Verfahrensregeln entwickelt. Für die nationale Normung sind diese Regeln in der Normenreihe DIN 820 durch den DIN-Normenausschuss Grundlagen der Normungsarbeit (NAGLN) definiert.
Beteiligung am Normungsprozess
An der Erstellung einer DIN-Norm können alle interessierten Kreise teilnehmen: Hersteller, Verbraucher, Handel, Hochschulen, Forschungsinstitute, Behörden oder Prüfinstitute. Diese entsenden ihre Experten in die DIN-Arbeitsgremien, die in Normenausschüssen nach Fachgebieten organisiert sind. Durch die Entsendung von Experten in europäische und internationale Gremien werden die deutschen Interessen bei CEN/CENELEC und ISO/IEC vertreten. Die DIN-Mitarbeiter organisieren die Normungsarbeit auf deutscher, europäischer und internationaler Ebene, um die Einheitlichkeit und Widerspruchsfreiheit des Deutschen Normenwerkes sicherzustellen.
Konsensfindung und Überprüfung
Normen entstehen im Konsens. Die Experten einigen sich unter Berücksichtigung des aktuellen Stands der Technik auf eine gemeinsame Version der Inhalte, die alle Interessen berücksichtigt und Gegenargumente ausräumt. DIN-Normen werden spätestens alle fünf Jahre auf ihre Aktualität überprüft. Entspricht eine Norm nicht mehr dem Stand der Technik, wird sie überarbeitet oder zurückgezogen.
Nationale Normungsarbeit beginnt mit einem Normungsantrag, den jeder bei DIN formlos schriftlich stellen kann.
Nach Eingang des Antrages klärt der zuständige Ausschuss bei DIN mit seinen Fachkreisen, ob ein Bedarf für dieses Thema besteht, ob diese Kreise bereit sind, das Projekt zu finanzieren und ob die Bearbeitung auf nationaler, europäischer oder internationaler Ebene erfolgen soll. Die Öffentlichkeit wird im „DIN-Anzeiger für technische Regeln“ sowie auf den Webseiten der Normenausschüsse über die Aufnahme neuer Normungsarbeiten informiert und kann hierzu Stellung nehmen.
Fällt im zuständigen Ausschuss die Entscheidung zugunsten der Erarbeitung einer nationalen Norm und stimmt das zuständige Lenkungsgremium dem zu, so wird ein Norm-Entwurf erarbeitet und durch die DIN Media veröffentlicht. Dieser wird der Öffentlichkeit im Anschluss auch kostenlos im Norm-Entwurfs-Portal von DIN zur Kommentierung zur Verfügung gestellt.
Die Expert*innen im Ausschuss beraten die Stellungnahmen und einigen sich über den Inhalt der geplanten Norm. Anschließend wird die Norm veröffentlicht.
Die Erarbeitung Europäischer Normen findet auf europäischer Ebene unter dem Dach der Normungsorganisationen CEN, CENELEC und ETSI statt. Bei CEN und CENELEC gilt das nationale Delegationsprinzip. Sogenannte Spiegelgremien erarbeiten in jedem Mitgliedsland die nationale Stellungnahme, in Deutschland bei DIN. Auf diese Weise können alle an einem Normungsthema Interessierten ihre Meinung ohne Sprachbarrieren über die nationale Ebene einbringen. Aus den Spiegelgremien wiederum werden Expert*innen in das europäische Arbeitsgremium entsandt. Sie vertreten dort die nationale Meinung und können die inhaltliche Federführung für europäische Normungsvorhaben übernehmen. Für die Ausgestaltung von Normen ist es oft von entscheidender Bedeutung, dass die nationalen Interessen im Erarbeitungsprozess qualifiziert und frühzeitig vertreten werden.
Vorschlag
Europäische Normungsarbeit beginnt mit einem Normungsvorschlag. Dieser kann von einem Mitglied der europäischen Normungsorganisationen CEN und CENELEC wie zum Beispiel DIN, von der Europäischen Kommission oder von europäischen oder internationalen Organisationen eingebracht werden. Mindestens die einfache Mehrheit und 71 Prozent der gewichteten Mehrheit der abstimmenden nationalen Normungsorganisationen müssen dem Vorschlag zustimmen. Außerdem muss sich eine ausreichende Zahl der nationalen Normungsorganisationen zur Mitarbeit verpflichten. Sie prüfen mit ihren interessierten Kreisen den Bedarf für dieses Thema und die Finanzierung für die nationale Spiegelung des Projektes. Nur dann wird der Normungsvorschlag angenommen, und die Erarbeitung des Inhalts kann beginnen.
Liegt bereits eine Internationale Norm vor, kann sie unverändert als Europäische Norm übernommen werden. Ist dies nicht der Fall, wird von dem zuständigen Arbeitsgremium ein Manuskript für einen europäischen Norm-Entwurf (prEN) erarbeitet.
Norm-Entwurf
Dieser wird im Anschluss im Rahmen einer öffentlichen Umfrage an die nationalen Normungsorganisationen verteilt. Sie geben innerhalb von drei Monaten eine nationale Stellungnahme ab. In Deutschland wird dazu die deutsche Sprachfassung als Entwurf einer DIN-EN-Norm veröffentlicht, zu dem innerhalb von zwei Monaten jeder möglichst unter Verwendung der Einspruchstabelle oder im Norm-Entwurfs-Portal von DIN Stellungnahmen abgeben kann. Über diese wird dann vom national zuständigen Ausschuss (Spiegelausschuss) bei DIN unter Hinzuziehung der Einsprecher beraten. Darauf folgend wird eine nationale Stellungnahme abgegeben.
Optionaler Schluss-Entwurf oder Veröffentlichung
Unter Berücksichtigung des Abstimmungsergebnisses und der Stellungnahmen kann das Arbeitsgremium die Veröffentlichung der Norm beschließen oder einen Schluss-Entwurf veröffentlichen, über dessen Annahme die nationalen Normungsorganisationen in einer zweimonatigen Schlussabstimmung entscheiden. Dabei erfolgt keine inhaltliche Kommentierung des Schluss-Entwurfs mehr. Für die Annahme sind eine einfache Mehrheit und mindestens 71 Prozent der gewichteten Stimmen der CEN/CENELEC-Mitglieder nötig.
Übernahme als nationale Norm
Nach einem positiven Abstimmungsergebnis wird eine Europäische Norm formal ratifiziert. Sie muss danach von den nationalen Normungsorganisationen unverändert als nationale Norm übernommen werden. Abweichende nationale Normen sind zurückzuziehen. Jede angenommene Europäische Norm wird in Deutschland mit einem nationalen Vorwort als DIN-EN-Norm veröffentlicht.
Auf internationaler Ebene erarbeitete Normen können durch parallele Erarbeitungs- und Abstimmverfahren gleichzeitig auch als Europäische Norm eingeführt werden und werden damit automatisch von den nationalen Normungsorganisationen übernommen.
Die Erarbeitung Internationaler Normen findet auf internationaler Ebene unter dem Dach der Normungsorganisationen ISO und IEC statt, hier gilt das nationale Delegationsprinzip. Sogenannte Spiegelgremien erarbeiten in jedem Mitgliedsland die nationale Stellungnahme, in Deutschland bei DIN. Auf diese Weise können alle an einem Normungsthema Interessierten ihre Meinung ohne Sprachbarrieren über die nationale Ebene einbringen. Aus den Spiegelgremien wiederum werden Expert*innen in das internationale Arbeitsgremium entsandt. Sie vertreten dort die nationale Meinung und können die inhaltliche Federführung für internationale Normungsvorhaben übernehmen. Für die Ausgestaltung von Normen ist es oft von entscheidender Bedeutung, dass die nationalen Interessen im Erarbeitungsprozess qualifiziert und frühzeitig vertreten werden. Die Spiegelgremien entscheiden zusätzlich über die Übernahme Internationaler Normen in das nationale Normenwerk, die im Gegensatz zur Übernahme Europäischer Normen freiwillig ist.
Vorschlag
Internationale Normungsarbeit beginnt mit einem Normungsvorschlag. Dieser kann eingebracht werden
- von einem Mitglied der Internationalen Organisation für Normung (ISO) bzw. des Internationalen Elektrotechnischen Komitees (IEC) wie zum Beispiel DIN bzw. DKE,
- von einem Arbeitsgremium von ISO bzw. IEC,
- von einer internationalen Fachorganisation mit Liaisonstatus,
- vom Technischen Lenkungsgremium der ISO bzw. IEC
- oder vom ISO- oder IEC-Generalsekretär.
Die einfache Mehrheit der auf dem betreffenden Sachgebiet aktiven nationalen Normungsorganisationen muss dem Vorschlag zustimmen. Außerdem muss sich eine ausreichende Zahl dieser Mitglieder zur Mitarbeit verpflichten. Nur dann wird der Normungsvorschlag angenommen, und die Erstellung des Inhalts kann beginnen. Ein Komitee-Entwurf wird im verantwortlichen Technischen Komitee zur Abstimmung innerhalb von zwei Monaten verteilt. Unter Berücksichtigung der Stellungnahmen wird der Entwurf ggf. überarbeitet.
Norm-Entwurf
Anschließend wird der Norm-Entwurf allen ISO- bzw. IEC-Mitgliedern für den Zeitraum von drei Monaten zur Verfügung gestellt, um eine nationale Stellungnahme dazu abzugeben. Nach Beschluss durch das Arbeitsgremium kann DIN dazu den Entwurf einer DIN-ISO-Norm bzw. einer DIN-IEC-Norm in deutscher Sprache veröffentlichen. Jeder darf innerhalb von zwei Monaten möglichst unter Verwendung der Einspruchstabelle oder im Norm-Entwurfs-Portal von DIN Stellungnahmen abgeben. Über diese berät dann der national zuständige Ausschuss (Spiegelausschuss) unter Hinzuziehung der Einsprecher und gibt eine nationale Stellungnahme ab.
Optionaler Schluss-Entwurf oder Veröffentlichung
Werden bei der Abstimmung zum Norm-Entwurf die Annahmekriterien erfüllt, wird die Internationale Norm veröffentlicht. Andernfalls oder auf Beschluss des Arbeitsgremiums wird zunächst ein Schluss-Entwurf veröffentlicht, über dessen Annahme die nationalen Normungsorganisationen in einer zweimonatigen Schlussabstimmung entscheiden. In dieser Abstimmung ist eine inhaltliche Kommentierung nicht mehr möglich. Für die Annahme ist die Zustimmung von zwei Drittel der aktiv beteiligten Mitglieder erforderlich. Daneben dürfen nicht mehr als ein Viertel der abgegebenen Stimmen negativ ausfallen. Nach einem positiven Abstimmungsergebnis wird die Internationale Norm veröffentlicht. Eine Verpflichtung der ISO- bzw. IEC-Mitglieder zur Übernahme der Internationalen Norm in das nationale Normenwerk besteht dabei nicht.
Auf internationaler Ebene erarbeitete Normen können durch parallele Erarbeitungs- und Abstimmverfahren gleichzeitig auch als Europäische Norm eingeführt werden und werden damit automatisch von den nationalen Normungsorganisationen übernommen.