NA 131

DIN-Normenausschuss Luft- und Raumfahrt (NL)

2015-08-04

DIN NL-Konferenz „Boarding Efficiency – How to measure, how to improve?“ – ILA 2014

Am 22. Mai 2014 hielt der Normenausschuss Luft- und Raumfahrt (NL) im Rahmen der ILA 2014 eine Konferenz rund um das Thema Effizienzsteigerung beim Boarding ab. Nachfolgend finden Sie eine kurze Zusammenfassung der Konferenzinhalte.

Impulsvortrag

Dr. Michael Schultz

Abteilungsleiter Luftverkehrssysteme, Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt e. V. (DLR)

Zum Auftakt der Konferenz gab Herr Dr. Michael Schultz einen umfassenden Einblick in aktuelle Studien zum Thema Boarding und stellte einen Vergleich der Effizienz verschiedener Boardingkonzepte auf. Unter dem Motto "How to enter an aircraft – the most efficient way" beschrieb Herr Dr. Schultz das Boarding als messbaren Prozess und kritischen Faktor im Turnaround mit hohem Optimierungspotenzial. In diesem Zusammenhang wurde neben der eigentlichen Effizienzsteigerung auch die Reduzierung der Störanfälligkeit in den Vordergrund gerückt.

Der Boardingprozess ist von einer Vielzahl an Einflussfaktoren wie zum Beispiel der Passagiertypologie, dem Flughafen- oder dem Flugzeuglayout abhängig. Aktuellen Messungen nach lässt sich die Effizienz des Boardingprozesses beispielsweise alleine durch das Öffnen einer zweiten Flugzeugtür um bis zu 25 % erhöhen. Am Ende seiner Präsentation ließ Herr Dr. Schultz die Konferenzteilnehmer noch einen kurzen Blick in die Zukunft des Boardings werfen und übergab das Wort an Herrn Bill Holler, den Vorsitzenden des DIN NL.

Podiumsgespräch

Bill Holler, Vorsitzender des DIN NL

Sascha König, Leiter Assetmanagement Terminals, Fraport AG

Tanju Celik, Manager Performance Improvement, AirBerlin PLC & Co. Luftverkehrs KG

Dr. Rainer Casdorff, Airbus Operations GmbH

Prof. Dr. Johannes Reichmuth, Institutsdirektor Flughafenwesen und Luftverkehr, DLR

Im Anschluss an dem Impulsvortrag von Herrn Dr. Schultz bat Herr Holler die einzelnen Podiumsgesprächsteilnehmer sich und ihre Bereiche kurz vorzustellen. Unterstützt durch einige Folienbeiträge erläuterten Herr König, Herr Celik und Herr Casdorff den Boardingprozess aus Sicht der Flughafenbetreiber, Fluggesellschaften und Flugzeughersteller und verwiesen dabei bereits auf aktuelle Lösungsansätze zur Steigerung der Effizienz. Darüber hinaus gab Herr Celik einen Einblick in die bisherigen Arbeitsergebnisse des Sonderausschusses "Boarding Effizienz" des DIN NL, wonach der Boardingprozess bereits in einzelne Phasen zerlegt und die jeweiligen Prozesseigner festgelegt wurden. Eine Detailbetrachtung der Phasen vom Gate bis zur Flugzeugtür, durchgeführt von Airberlin in Zusammenarbeit mit Germanwings, Köln Airport und Fraport, wird als Grundlage der Prozessbeschreibung in der geplanten Norm dienen. Herr Prof. Dr. Reichmuth ergänzte, dass das Flugzeug nach wie vor zu den sichersten Transportmitteln gehört und auch durch effizientes Boarding weiterhin nahtlose Sicherheit gewährleistet werden kann.

Anschließend stellten sich die Referenten den Fragen der Zuhörer und diskutierten beispielsweise, welche Auswirkungen die Sicherheitskontrolle auf die Effizienz des Boardings habe und wie diese in die Betrachtung mit einbezogen werden könnte. Aus Sicht des Podiums stellt die Sicherheitskontrolle eine erhebliche Einflussgröße bei der Gesamtbetrachtung des kritischen Pfades im Boardingprozess dar. Da die Sicherheitskontrolle jedoch der staatlichen Hoheit unterliegt, kann diese nicht direkt beeinflusst werden. Der Fokus der Effizienzsteigerung sollte daher eher auf den beeinflussbaren Prozessen liegen.

Eine weitere Frage zielte auf die Vereinbarkeit von Effizienz und Passagier-Convenience ab. Prof. Dr. Reichmuth erklärte, dass der Passagier heutzutage von zwei Seiten betrachtet werden könne. Zum einen als "Luftfracht", die mit effizienten Prozessen transportiert werden soll, zum anderen jedoch selbstverständlich als Gast mit individuellen Bedürfnissen, abhängig von der Reiseintension und Passagiertypologie. Bei der Passagierführung spielt schließlich auch der psychologische Aspekt eine große Rolle. Herr Celik und Herr Dr. Schultz waren sich einig, der Passagier brauche eine eindeutige Führung. Hierbei ergibt sich jedoch eine gewisse Diskrepanz zwischen Information und Steuerungseinfluss der Fluggesellschaften bzw. Flughafenbetreiber und der Passagiere. Um Passagiere an neue Rahmenbedingungen zu gewöhnen, bedarf es Zeit, insbesondere bei Passagieren, für die das Fliegen nicht alltäglich ist. Vorreiter stoßen hier häufig auf Kritik. Herr Holler wies jedoch darauf hin, dass die Fluggäste früher oder später die Vorteile gewisser Neuerungen erkennen und akzeptieren werden. Am Ende wird sich schließlich der beste Standard durchsetzen. Was die Effizienzsteigerung beim Boarding betrifft, sollte Deutschland auf jeden Fall eine Vorreiterrolle spielen. Sobald sich das im Normenausschuss Luft- und Raumfahrt (DIN NL) entwickelte Effizienzklassensystem national etabliert hat, wird dieses auch auf den europäischen Markt erweitert werden (können).