NA 057

DIN-Normenausschuss Lebensmittel und landwirtschaftliche Produkte (NAL)

2017-11-01

Getreide und Normung — Wie Feuer und Öl!?

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Auch wenn es nicht immer offensichtlich ist - Normen und Standards sind heutzutage längst in nahezu allen Lebensbereichen und Wertschöpfungsketten zu finden und sind aus Wirtschaft und Gesellschaft nicht mehr wegzudenken. Auch die Getreidebranche bildet hier keine Ausnahme.

Von den sicherheitstechnischen Anforderungen an die Konstruktion von Landmaschinen (DIN EN ISO 4254) bis hin zu Hygieneanforderungen an Backstationen im Einzelhandel (DIN 10535), Normen begleiten die gesamte Getreide-Wertschöpfungskette vom Anbau bis hin zur Backwarenherstellung.

Der Mühle kommt in dieser Wertschöpfungskette eine besondere Bedeutung zu, da sie als Inverkehrbringer der Mahlerzeugnisse auch Verantwortung für die Lebensmittelsicherheit und -qualität hat. Immer weiter gestiegene Anforderungen an die Lebensmittelsicherheit bergen dabei erhebliche wirtschaftliche Risiken.

In der Mühle beginnt die Kontrolle der Lebensmittelsicherheit mit der Überprüfung des Getreides bei der Anlieferung. Genormte Analyseverfahren, sei es bei der Besatzanalyse zur Ermittlung der Reinheit der Rohstoffe (DIN EN 15587), oder der Bestimmung von Qualitätsparametern, wie dem Feuchtigkeitsgehalt (DIN EN ISO 712), steigern die Effizienz der Prozesse und unterstützen die Betreiber bei der Verarbeitung einwandfreier Rohstoffe.

Harmonisierte Europäische und Internationale Normen sind also unumgänglich zur Überwachung der Produktionsprozesse und zur Feststellung von Mängeln hinsichtlich Qualität und Lebensmittelsicherheit.

Doch wie funktioniert Normung, wie können deutsche Interessen in die internationale Normung eingebracht werden und welche Vorteile bietet eine aktive Mitarbeit in den DIN-Arbeitsausschüssen?

Die zuständige deutsche Normungsorganisation für europäische und internationale Normungsaktivitäten ist DIN. Als gemeinnütziger Verein mit über 400 Mitarbeitern und 33.000 Experten vertritt DIN Deutsches Institut für Normung e. V. die deutschen Interessen in europäischer und internationaler Normung.

Dabei unterstützt und begleitet DIN als Dienstleister für Normung und Standardisierung die interessierten Kreise im Normungsprozess. Zu den interessierten Kreisen im Normenausschuss Lebensmittel und landwirtschaftliche Produkte (NAL) gehören Fachleute aus der Lebensmittelindustrie, der amtlichen Überwachung, aus Forschung und Entwicklung, der Wissenschaft und Verbraucherorganisationen. Da die Normungsinhalte durch die Experten und nicht durch DIN erarbeitet werden, erfordern Normen die engagierte Mitarbeit dieser Fachleute.

Für die Getreidebranche ist der Arbeitsausschuss NA 057-05-06 AA Getreide und Getreideerzeugnisse für die Normung von Prüfverfahren und Verfahren zur Charakterisierung von Getreide und Getreideerzeugnissen einschließlich physikalischer, chemischer, biochemischer und physikalisch-chemischer Verfahren zuständig. Darüber hinaus vertritt das Gremium die deutschen Interessen europäisch und international im CEN/TC 338 Cereal and cereal products sowie im ISO/TC 34/SC 4 Cereals and pulses. Diese Aufgabe wird seit einigen Jahren immer bedeutender, da sich die Globalisierung der Wirtschaft immer mehr in der Normungsarbeit widerspiegelt. Ca. 80 % aller aktuellen Normungsaktivitäten finden heutzutage auf der europäischen und internationalen Ebene statt. Für eine Beteiligung an diesen Normungsvorhaben ist ein Engagement in den nationalen Normenausschüssen erforderlich, um über das nationale Delegationsprinzip die nationalen Interessen in die europäischen und internationalen Gremien zu bringen.

Allein dadurch wird ein wesentlicher Vorteil der aktiven Mitarbeit deutlich: Über DIN erhalten die Experten aus den verschiedenen interessierten Kreisen Zugang zu den europäischen und internationalen Normungsaktivitäten bzw. Gremien und können dort ihre Interessen einbringen. Indem sie Inhalte maßgeblich mitgestalten oder nicht gewünschte Inhalte verhindern, können sie direkt Einfluss nehmen auf die technische Ausgestaltung von Normen mit internationaler oder europäischer Geltung und können deren Inhalte an eigene technische Lösungen anpassen.

Hinzu kommt, dass durch europäische und internationale Normen mehrere Länder gleichzeitig erschlossen werden können, wodurch Normung beispielsweise Herstellern von Analysegeräten den europäischen/internationalen Marktzugang erleichtert und ihnen erweiterte Möglichkeiten bietet, ihre innovativen Verfahren oder Technologien erfolgreich am internationalen Markt zu etablieren.

Ein weiterer Vorteil besteht im Wissens- und Zeitvorsprung, da die Inhalte der Normen schon vor ihrer Veröffentlichung den Experten des DIN-Ausschusses bekannt sind. So bietet die aktive Mitarbeit ein frühzeitiges Erkennen von Entwicklungstendenzen, Trends und Marktchancen, was wiederum eine höhere Investitionssicherheit bei Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten zur Folge hat.

Auch die positiven Effekte des Wissenstransfers, also dem Austausch von Wissen zwischen den Experten (z. B. Herstellern, Anwendern, Kunden und Regelsetzern), sind nicht zu unterschätzen. Letztlich fördert eine Produktion auf Basis von Normen  die Vertrauensbildung und verbessert auch zukünftig die Sicherheit und Qualität der Lebensmittel.

Umgekehrt würde eine Nichtteilnahme am Normungsgeschehen bedeuten, dass Rahmenbedingungen durch andere vorgegeben werden und die Getreidebranche und ihre einzelnen Akteure Marktchancen verpassen.

So wird deutlich, dass Normung, sofern es als strategisches Instrument begriffen und genutzt wird, den Erfolg der Getreidebranche und ihrer einzelnen Teilnehmer verstärkt und "entfacht", ganz so wie Öl das Feuer.