DIN-Normenausschuss Bauwesen (NABau)
10. Sitzung des DIN-Sonderpräsidialausschusses Bauwerke
Um auf die sich ändernden Rahmenbedingungen in der Baunormung zu reagieren und den Einfluss Deutschlands in der europäischen Baunormung zu stärken, hat DIN nach Beschluss des DIN-Präsidiums 2016 den „Sonderpräsidialausschuss Bauwerke“ (SPB) unter der Leitung von DIN-Präsident Dr. Albert Dürr eingerichtet.
Bund, Länder, Kommunen, Kammern, Wirtschaft, Verbraucher und DIN arbeiten im Gremium, um zum einen die Grundfragen, wie die Kostenrelevanz einzelner Normen zu klären, vor allem aber, um Schlüsse für zukünftige Normungsprozesse zu ziehen. Mit der am 18. November 2020 erfolgten 10. Sitzung des Gremiums wird über die bisherigen und aktuellen Arbeiten berichtet.
Normungsroadmap Bauwerke
Die deutsche Bauwirtschaft ist mit mehr als 2,2 Millionen Beschäftigten der größte Arbeitssektor der deutschen Volkswirtschaft. Allein die mehr als 74.000 Unternehmen im Bauhauptgewerbe beschäftigen im Jahresdurchschnitt rund 780.000 Menschen, davon 33.700 Auszubildende. Bund, Länder und Kommunen als öffentliche Auftraggeber tragen wesentlich zu einer stabilen Auftragslage bei. Im Jahr 2018 ist es mit der Veröffentlichung der Normungsroadmap „Bauwerke Planen – Bauen – Betreiben“ gelungen, verschiedenste Sichtweisen der an der Wertschöpfung von Bauwerken Beteiligten in gemeinsame strategische Zielsetzungen zusammenzuführen und somit die Grundlage für weitere Maßnahmen in der Baunormung zu bilden. Innerhalb der Normungsroadmap Bauwerke werden folgende strategische Ziele formuliert:
- Normung muss
- relevant und zielorientiert sein
- transparent und leistbar sein
- praxisgerecht und europäisch orientiert sein
- Normen müssen
- lesbar und anwendbar sein
- Normen müssen rechtssicher sein
- Normen müssen Wirtschaftlichkeit sicherstellen
Die Umsetzung der Ziele der Normungsroadmap Bauwerke wird durch den SPB strategisch begleitet.
Praxisrelevante Normen für die Bauwirtschaft
„Unsere bauausführenden Unternehmen stehen wie die gesamte Bauwirtschaft vor enormen Herausforderungen.“ So beschreibt Christian Frölich, Bauunternehmer und vom Zentralverband des Deutschen Baugewerbes e.V. (ZDB) delegiertes Mitglied im SPB, dass eine sich schnell und ständig fortentwickelnde Technik, der Fachkräftemangel, die Umsetzung der Energiewende, die Digitalisierung, die Anforderungen aus dem Europäischen Green Deal und dem Aktionsplan Kreislaufwirtschaft der Forderung nach Schaffung bezahlbaren Wohnraums und der bevorstehenden Renovierungswelle gegenüberstehen. „Unsere Bauunternehmen brauchen dazu praxisrelevante und verständliche Normen, die den anerkannten Regeln der Technik entsprechen. Neue Normungsprozesse bei DIN müssen dabei zukünftig einer generellen Relevanzprüfung und einer Betrachtung von Folgekosten und Nutzen unterworfen werden. Und auf europäischer Ebene dürfen erarbeitete Normen nicht durch Lücken oder Inkonsistenzen zu Anwendungsproblemen in Deutschland führen.“
Forschungsprojekt zur Kostenrelevanz
MinDirig Fehn Krestas, Unterabteilungsleiter BW I im Bundesministerium des lnnern, für Bau und Heimat: „Das Bundesministerium des lnnern, für Bau und Heimat hat im Jahre 2019 ein Forschungsvorhaben beauftragt mit dem Ziel, die Kostenrelevanz von Baunormen für den Wohnungsbau und Einsparpotenziale zu untersuchen. An beispielhaften Normen des DIN e.V. werden Folgekostenabschätzungen vorgenommen. Es soll eine Systematik entwickelt und eingeführt werden, die Transparenz und Nachvollziehbarkeit gewährleistet. Abschließend wird ein Vorschlag für eine unabhängige Stelle unterbreitet, die eine Plausibilitätsprüfung der Folgekostenabschätzung von Baunormen vornehmen soll. Der Endbericht soll im Herbst 2021 vorliegen." Anschließend soll die unabhängige Stelle dann dauerhaft ihre Arbeit aufnehmen.
Herausforderungen der EU-Bauproduktenverordnung
Die hohe Aktualität und Präsenz der in der Normungsroadmap formulierten strategischen Ziele zeigt sich beispielsweise auch bei den Herausforderungen der EU-Bauproduktenverordnung (BauPVO). Hier bedarf es einer gemeinsamen nationalen Anstrengung, um den europäischen Binnenmarkt für Bauprodukte weiterhin auch im Sinne der strategischen Ziele der deutschen Bauenden zu entwickeln. Die auch mit dem SPB angestoßenen Arbeiten an einzelnen Normen und Normungsaufträgen unterstützen diese Arbeiten durch konkrete Leitlinien für die Normungsgremien. Wesentliche Merkmale von Bauprodukten für erste Normungsaufträge werden von nationaler Seite durch DIN systematisch erfasst und gemeinsam vertreten.
MinDirig Fehn Krestas weist darauf hin, dass die Bundesregierung gemeinsam mit DIN die drängendsten aktuellen Probleme auf europäischer Ebene thematisiert. Hier geht es insbesondere um die erhöhten juristischen Anforderungen, die die Kommission an harmonisierte Normen in Folge ihrer Auslegung des James-Elliott-Urteils des EuGH von 2016 stellt und den daraus folgenden Stillstand in der Referenzierung von Normen im EU-Amtsblatt. Im Rahmen der angekündigten Revision der BauPVO soll zudem weiterhin die Normung im Rahmen von CEN/CENELEC das zentrale Instrument der technischen Regelfindung bleiben; die Erwägungen der Kommission im Hinblick auf alternative Pfade werden abgelehnt. Außerdem steht weiterhin die Lösung der Lückenproblematik im Fokus der deutschen Aktivitäten.
Weitere Maßnahmen wünschenswert
Barbara Ettinger-Brinckmann, Präsidentin der Bundesarchitektenkammer (BAK) und ebenfalls Mitglied des DIN Sonderpräsidialausschuss Bauwerke, legt dar: „Im nächsten Schritt der Umsetzung der Normungsroadmap Bauwerke sind weitere Maßnahmen wichtig und wünschenswert. Es stellt sich die Frage, wie und unter welchen Kriterien Innovationen in der Normung zum Bauwesen verankert werden können und sollten. Zudem benötigen wir Maßnahmen zur Strukturierung der Mitwirkung bei und Einflussnahme auf europäische Normung und zur Einordnung der Freiwilligkeit von europäischen und internationalen Normen sowie zum Umgang mit dem Deutschen Normenwerk im Verhältnis zum deutschen Rechtssystem.“
Dr. Klotz, Mitglied des Vorstandes der Ed. Züblin AG, ergänzt: „Für die Umsetzung der Normungsroadmap Bauwerke sind zudem Maßnahmen zur Bereitstellung aufeinander abgestimmter und um Produktanforderungen erweiterter Planungs-, Bemessungs- und Anwendungsnormen für die gesamte Wertschöpfungskette Bau sowie zur Sicherstellung ihrer Inbezugnahme bei Vereinbarungen des DIN mit weiteren regelsetzenden Organisationen sinnvoll.“
Mehr Informationen finden Sie auf der Website: www.din.de/go/bauen-normen-faq.