VDI/DIN-Kommission Reinhaltung der Luft (KRdL) - Normenausschuss
IEC 60825-1
Sicherheit von Lasereinrichtungen - Teil 1: Klassifizierung von Anlagen und Anforderungen
Safety of laser products - Part 1: Equipment classification and requirements
Einführungsbeitrag
Die seit 1984 (30 Jahre!) existierende Internationale Laserschutznorm, IEC 60825-1, basiert auf den laserbezogenen Expositionsgrenzwerten entsprechender Empfehlungen der ICNIRP (International Commission on Non-Ionizing Radiation Protection), die in dieser Beziehung weltweit anerkannt ist. Von diesen Expositionsgrenzwerten werden die Emissionsgrenzwerte (GZS) der Produktsicherheitsnorm abgeleitet - klassenweise, entsprechend zugeordneten Sicherheitsphilosophien und unter Zugrundelegung von "worst case"-Benutzungskonditionen gestaffelt. Zur Anpassung an den sich stets weiterentwickelnden Wissensstand, zum Beispiel neue Untersuchungen und Erkenntnisse zu laserbasierten Schädigungen, werden die Basisgrenzwerte durch ICNIRP in unregelmäßigen Abständen aktualisiert und neu publiziert, zuletzt 2013.
Erfahrungsgemäß können dabei die alten (sicherheitshalber überrestriktiven) Grenzwertempfehlungen zumeist "gelockert" werden. Das hat natürlich unmittelbare wirtschaftliche Auswirkungen auf Grad und Ausführung der zu realisierenden Schutzmaßnahmen und -einrichtungen für Hersteller von Lasergeräten und -anlagen und führt notwendigerweise zu umgehenden Anpassungen der abgeleiteten Normen, derzeit zur Neuausgabe der Laserschutznorm als dritte Ausgabe. Gleichzeitig werden dabei weitere Aspekte berücksichtigt, wie zum Beispiel zwischenzeitlich gemachte Erfahrungen bei der Normenanwendung, aktuelle Anforderungen aus dem übrigen Normungsumfeld sowie neue (laser-)technische Entwicklungen, auf die unter Umständen mit anwendungsspezifischen Anforderungen reagiert werden muss. Die vorliegende Neuausgabe der Laserschutznorm beinhaltet alle diese Aspekte.
Im Vergleich zur deutschen (inhaltlich zur IEC identischen) Vorgängervariante DIN EN 60825-1 (VDE 0837-1):2008-05 wurden mit der dritten Ausgabe insbesondere folgende Änderungen vorgenommen:
- Die gesamte Struktur der Norm wurde umgestellt, um eine bessere schrittweise Vorgehensweise bei ihrer Anwendung zu ermöglichen.
- "Messbedingung 2" (simuliert Mikroskope und Lupen) wurde entfernt mit Hinweis auf handelsübliche Vergrößerungsgeräte (werden mit "Bedingung 1" bereits berücksichtigt) und den anwendungsspezifischen Teil IEC 60825-2 der Norm für LWLKS, wo tatsächlich Mikroskope im Zusammenhang mit Lasern benutzt werden.
- Eine Klasse 1C inklusive entsprechender technischer Anforderungen wurde neu eingeführt, speziell für bereits vorhandene Geräte zur kosmetischen/therapeutischen Laserbehandlung der Haut. Wobei die Zuordnung zur Klasse 1 suggerieren soll, dass diese Geräte - aufgrund technisch/konstruktiver Maßnahmen - im bestimmungsgemäßen Gebrauch auf der Haut (C = contact) für die Augen sicher sind.
- Die Grenzwerte, Messverfahren und die Vorgehensweisen bei der Bewertung gepulster Quellen wurden an einigen Stellen dem aktuellen Stand der betreffenden neu überarbeiteten ICNIRP-"guidelines" angepasst. Insbesondere ist die maximale zu berücksichtigende Winkelausdehnung (alphamax) jetzt zeitabhängig und die Grenzwerte im Wellenlängenbereich 1 200 bis 1 400 nm wurden deutlich heraufgesetzt.
- Die bislang bei der Klassifizierung geforderte Berücksichtigung einer vernünftigerweise vorhersehbaren Einfehlerbedingung wurde mit Verweis auf inzwischen allgemeingültige Vorgehenswesen bei der "failure mode and effect analysis" nach IEC 61508 ergänzt. Zur Unterstützung beziehungsweise als Alternative können entsprechende Wahrscheinlichkeitsanalysen angewendet werden.
- Für Lasereinrichtungen, die anstelle von konventionellen Lampen in der Projektionstechnik als Lichtquellen mit identischen optischen Eigenschaften eingesetzt werden, wurde in der dritten Ausgabe der Norm IEC 60825-1 ein "Ausstiegskriterium" formuliert, um für diese die anwendungsspezifischen Maßgaben der "Lampensicherheitsnorm" IEC 62471 beziehungsweise deren neu entwickelten Teil 5 "Bildprojektoren" anwenden zu können.
- Zu den bekannten Warnhinweisen und -schildern gibt es neue Alternativen auf Basis der allgemeinen Vorgaben bezüglich Warnhinweise von ISO 3864-2 ("Gestaltungsgrundlagen für Sicherheitsschilder auf Produkten"). Das heißt, zur Darstellung des Gefährdungsgrades beziehungsweise im vorliegenden Fall der Laserklasse werden, weitgehend konform mit ANSI Z535, drei Signalwörter und entsprechende Signalfarben definiert: "Vorsicht" - gelb (Klassen 1M, 1C, 2M, 3R), "Warnung" - orange (Klasse 3B), "Gefahr" - rot (Klasse 4).
Die Publikation der inhaltlich identischen dritten Ausgabe von DIN EN 60825-1 wird voraussichtlich im 3. Quartal 2014 erfolgen. Es ist übrigens damit zu rechnen, dass in nächster Zeit ein Großteil der weiteren Teile der Reihe IEC 60825 an diese überarbeitete Grundnorm angepasst werden muss.
Aus aktuellem Anlass ist mit der Neuausgabe der überarbeiteten Laserschutz-Produktsicherheitsnorm als dritte Ausgabe folgender Hinweis notwendig: Der laserbezogene Arbeitsschutz bezieht sich insbesondere in Deutschland zu einem großen Teil auf die Herstellerklassifizierung nach dieser Norm, bis hin zur Forderung einer notwendigen Bestellung von Laserschutzbeauftragten beim Umgang mit Lasern bestimmter Klassen. Denn auch die im Arbeitsschutz bei Gefährdungsbeurteilungen verbindlich anzuwendenden Expositionsgrenzwerte (nach EU-Richtlinie 2006/25/EG beziehungsweise OStrV) leiten sich von den gleichen international anerkannten Vorgaben (ICNIRP) her. Im Gegensatz zur Laser-Produktsicherheitsnorm wurden die Arbeitsschutzvorgaben aber bislang nicht an deren neuesten Ausgabestand angepasst (siehe auch KAN-Brief 3/2013). Solange diese Diskrepanz besteht, kann die vorteilhafte und - aus Sicht der Arbeitsschutzregelungen - zum Teil zwingende Koppelung zwischen Produktsicherheits- und Arbeitsschutzanforderung nicht mehr wie gewohnt genutzt werden und kann sogar zu Problemen führen. Wenn davon auszugehen ist, dass die jeweiligen Lasereinrichtungen an deutschen Arbeitsplätzen im Geltungsbereich der OStrV verwendet werden, müssen Hersteller also mit diesbezüglichen Nachfragen rechnen. Auf diese könnte man sich mit dem Hinweis vorbereiten, ob und wie die Klassifizierung nach der dritten Ausgabe eventuell von der Klassifizierung nach der veralteten zweiten Ausgabe abweicht.