DKE Deutsche Kommission Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik in DIN und VDE
IEC 61000-1-2
Elektromagnetische Verträglichkeit (EMV) - Teil 1-2: Allgemeines - Verfahren zum Erreichen der funktionalen Sicherheit von elektrischen und elektronischen Systemen einschließlich Geräten und Einrichtungen im Hinblick auf elektromagnetische Phänomene
Electromagnetic compatibility (EMC) - Part 1-2: General - Methodology for the achievement of functional safety of electrical and electronic systems including equipment with regard to electromagnetic phenomena
Einführungsbeitrag
Bereits seit Ende der 1990er Jahre beschäftigt sich das IEC/TC 77 "Elektromagnetische Verträglichkeit" mit Ausführungen zur Methodik des Erreichens der Funktionalen Sicherheit in den Fällen, in denen elektromagnetische Phänomene diese beeinträchtigen können. Das resultierte in der Publikation IEC/TS 61000-1-2:2001. Zu dieser Zeit konnten die Diskussionen zu dieser Thematik noch nicht endgültig abgeschlossen werden, insbesondere, weil auch die entsprechenden Grundnormen zur Funktionalen Sicherheit, die Normenreihe IEC 61508, noch im Entstehen waren. Als Kompromiss wurde damals auf eine Veröffentlichung als Technische Spezifikation (TS) zurückgegriffen, weil ein solcher Dokumentenstatus für noch nicht endgültig "ausgereifte" und konsensfähige Dokumente vorgesehen ist. Vergleichbar war die Situation auch im Jahr 2008, als die zweite Ausgabe dieser TS veröffentlicht wurde. Durch die zunehmende Wichtigkeit des Themenblocks zur Funktionalen Sicherheit stellte sich allerdings die Notwendigkeit eines referenzierbaren, belastbaren Dokuments, und es wurde die vormalige technische Spezifikation im Rahmen einer weiteren Diskussion und Überarbeitung in einen Internationalen Standard (IS) übergeführt.
Die Norm IEC 61000-1-2 behandelt die Thematik der "Funktionalen Sicherheit" von sicherheitsbezogenen Systemen einschließlich der in solchen Systemen eingesetzten Geräte im Hinblick auf eine mögliche Beeinflussung solcher Systeme und Geräte durch elektromagnetische Phänomene. Denn immer dort, wo ein elektrisches oder elektronisches Gerät betrieben wird, muss die grundsätzliche Situation in Betracht gezogen werden, dass dieses Gerät elektromagnetischen Störungen ausgesetzt sein kann und folglich in unzulässiger Weise beeinflusst werden kann. Eine solch mögliche unzulässige Beeinflussung von "normalen" Geräten, das heißt solchen, die keine Sicherheitsfunktionen ausüben, wird über standardisierte EMV-Störfestigkeitstests (beispielsweise der Reihe IEC 61000-4) behandelt. Das erlaubte Verhalten der Geräte während der Beaufschlagung wird über verschiedene Bewertungskriterien beschrieben, und die damit nachgewiesene Störfestigkeit stellt letztlich ein Qualitätsmerkmal des Gerätes dar.
Dieser Ansatz lässt sich nicht mehr weiterverfolgen im Falle von Geräten mit Sicherheitsfunktionen, weil eine mögliche Beeinflussung hier nicht so sehr ein Qualitätsmerkmal betrifft, sondern vielmehr dazu führen kann, dass der Betreiber des Gerätes oder sonstige Personen einem höheren Risiko ausgesetzt sind. Es sind beispielsweise Bewertungskriterien gefordert, die im Falle von Beeinflussungen eher den Aspekt des "sicheren Zustandes" betonen als den der Verfügbarkeit. Neben der Einführung und Beschreibung des Bewertungskriteriums DS (Defined State: "Definierter Zustand") werden in der Norm noch folgende Aspekte im Detail behandelt:
- Die Einbindung von Tätigkeiten zur Sicherstellung der EMV in den Sicherheitslebenszyklus eines sicherheitsbezogenen Systems
- EMV-spezifische Aktivitäten, die im Rahmen des Erreichens der Funktionalen Sicherheit notwendig sind
- Beschreibung und Bewertung der elektromagnetischen Umgebung, in der sicherheitsbezogene Systeme arbeiten sollen
- EMV-Aspekte im Design- und Integrationsprozess von sicherheitsbezogenen Systemen und in ihnen verwendeten Geräten
- Ableitung und Festlegung geeigneter Testmethoden und Testparameter sowie die Berücksichtigung des Einflusses des Sicherheitsintegritäts-Levels (SIL) auf jene
- Verifizierung und Validierung der Störfestigkeit gegenüber elektromagnetischen Störgrößen.
Ergänzt wird der Hauptteil der Norm durch mehrere informative Anhänge, in denen eine Reihe weiterer Aspekte behandelt werden: Beispiele für Pegel von elektromagnetischen Störungen; detaillierte Maßnahmen und Techniken bei Planung, Design und Realisierung von sicherheitsgerichteten Systemen oder Geräten mit Sicherheitsfunktionen; Betrachtungen zu Spezifikationen von Produkten, Geräten und Systemen; Erörterungen über einen Zusammenhang zwischen elektromagnetischen Phänomenen und dem Sicherheits-Integritätslevel (SIL) sowie EMV-Planung von sicherheitsbezogenen Systemen.
Die erste Ausgabe von IEC 61000-1-2 stellt eine technische Erweiterung und Überarbeitung der in den Jahren 2001 und 2008 veröffentlichten Ausgaben als TS dar mit dem wesentlichen Ziel, die EMV-Betrachtungen an die aktuelle Methodik der Norm IEC 61508 anzupassen.
Die Norm IEC 61000-1-2 wird national in der Norm DIN EN 61000-1-2 (VDE 0839-1-2) umgesetzt. Für sie ist der Arbeitskreis 767.0.4 der DKE zuständig.