DKE Deutsche Kommission Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik in DIN und VDE
IEC 60454-2
Selbstklebende Bänder für elektrotechnische Anwendungen - Teil 2: Prüfverfahren
Pressure-sensitive adhesive tapes for electrical purposes - Part 2: Methods of test
Einführungsbeitrag
Die Elektrotechnik ist Bestandteil nahezu aller Wirtschaftsbereiche, vor allem aber des Maschinenbaus, der Elektrizitätsgewinnung und -verteilung. In diesen Bereichen wächst die Wirtschaft zur Freude der Unternehmen seit Jahren - vor allem die vergangenen zwei Jahre brachten der deutschen elektrotechnischen Wirtschaft einen erheblichen Umsatzzuwachs.
Die Internationale Normenreihe IEC 60454 beschreibt die Anforderungen für technische Klebebänder, die für Anwendungen in der Elektrotechnik gedacht sind ("Selbstklebende Bänder für elektrotechnische Anwendungen"). Sie ist eine der vielen Basisnormen für die Beurteilung von Geräten, Einrichtungen oder Anlagen. Mit der stetigen Zunahme der unterschiedlichsten Anwendungen wächst auch die Bedeutung dieser Norm für die Zusammenarbeit zwischen Lieferanten und Kunden.
Im Rahmen der laufenden Überarbeitung werden nach und nach alle Teile der Norm dem aktuellen Stand angepasst. So wurde jetzt die Deutsche Fassung der Norm IEC 60454-2:2007 herausgegeben.
Zum Aufbau der Norm folgende kurze Erläuterung:
Im Teil 1 der Norm werden die allgemeinen Anforderungen an die verschiedenen Klebebänder und die verwendeten Materialien beschrieben. In Teil 2 werden die entsprechenden Prüfverfahren dargestellt. Typische Angaben sind neben mechanischen Mindestwerten die Durchschlagsspannung (Spannungsfestigkeit), die elektrolytische Korrosionswirkung und das thermische Langzeitverhalten. Im Teil 3 werden in mehreren Materialdatenblättern die Anforderungen an die verschiedenen Materialkombinationen, wie z. B. Polyesterfolie mit Kautschukkleber oder Polyimidfolie mit Acrylatkeber, beschrieben.
Elektrotechnische Klebebänder unterliegen - wie jedes andere Bauteil auch - spezifischen Belastungen bei ihrem Einsatz. Es spielen dabei Punkte wie Verarbeitbarkeit, Brandverhalten, Einsatzdauer und Temperaturbelastbarkeit eine Rolle. Anhand einiger weniger Beispiele soll verdeutlicht werden, inwieweit die Norm die Anforderungen aus der Praxis wiedergibt und standardisierte Prüfverfahren anbietet, um Vergleiche ziehen zu können.
Klebebänder werden häufig als Isolation in Transformatoren eingesetzt. Das betrifft überwiegend den Bereich bis 1 000 V und Leistungsklassen bis maximal 1 MW. Hier bieten die Isolationsklebebänder den Vorteil, sowohl als Isolationsmaterial als auch als Montagehilfe zu funktionieren, weil die Folie sich sozusagen von selbst fixiert.
Ein typisches Problem dabei sind Klebeband-Enden, die sich nach dem Bewickeln des Spulenkörpers wieder abwickeln. Dieses als Flagging bezeichnete Verhalten ist besonders dann störend, wenn durch die abstehenden Folienteile der Einbau des Spulenkerns behindert wird. Deshalb wird in Abschnitt 15 der Norm IEC 60454-2 eine Testmethode beschrieben, die Klebebänder hinsichtlich ihrer Neigung zu Flagging kategorisiert.
Andere Anwendungsbeispiele gibt es in der Klimatechnik. Hier kann es notwendig sein, Bauteile elektrisch zu isolieren, die bei niedrigen Temperaturen eingesetzt werden. Da Klebstoffe je nach eingesetzten Rohstoffen ab etwa -20 °C dazu neigen können, brüchig zu werden oder gar gänzlich ihre Klebkraft zu verlieren, wird bei dieser Methode (Abschnitt 12) die Klebkraft bei reduzierten Temperaturen getestet, die dann in den jeweiligen Materialdatenblättern des Teils 3 definiert sind. Anhand dieser Angaben kann man die richtigen Klebebänder für Tieftemperaturanwendungen auswählen.
Vor allem im Elektromotorenbau und dem Generatorenbau werden häufig Glasgewebe-Klebebänder verwendet, weil dieses Material einerseits im Störungsfall aufgrund des Glasgewebes eine enorm hohe Temperaturbeständigkeit besitzt, andererseits durch die hohe Festigkeit der Fasern die oft großen mechanischen Spannungen besser abfangen kann, als z. B. eine Kunststofffolie. Abschnitt 8 beschreibt diese mechanischen Eigenschaften und definiert in den Materialblättern die erforderlichen Mindestwerte, die erreicht werden müssen.
Viele Isolations-Klebebänder werden verbaut und sollen möglichst lange ihren Dienst ohne Ausfälle leisten, und das bei bestimmten Arbeitstemperaturen. Nun muss man wissen, dass selbst die besten Kunststoffe über die Zeit einem Abbau der elektrischen und mechanischen Eigenschaften unterliegen. Daher legt man allgemein eine Gebrauchszeit von 20 000 Stunden fest, innerhalb der bestimmte Eigenschaften nicht so weit abgebaut werden dürfen, dass der sichere Betrieb des Geräts nicht mehr möglich ist. Die (Wärme-)Klassen und die Prüfmethoden hierzu werden in den Normen IEC 60085 und IEC 60216 beschrieben.
Ein Klebeband wird in eine bestimmte Klasse eingestuft, wenn nach 20 000 Stunden (das entspricht knapp 28 Monate Dauerbetrieb) gewisse Mindesteigenschaften erreicht werden. Die für Klebebänder spezifischen Testmethoden sind im Abschnitt 21 von IEC 60454-2 beschrieben. Die jeweiligen End-Kriterien sind in den Materialdatenblättern der Teile 3 von IEC 60454 aufgelistet.
So kann der Kunde bereits bei der Entwicklung seines Gerätes das für die geplante Einsatzzeit und die voraussichtliche maximale Betriebstemperatur geeignete Klebeband definieren.
Weitere Testmethoden, die in der neuen Ausgabe der Norm zum Teil präzisiert wurden, sind zum Beispiel die Brennbarkeitsprüfung (Abschnitte 19 und 20), korrosionsbezogene Eigenschaften (Abschnitt 7) oder die Durchschlagsfestigkeit in feuchtem Klima (Abschnitt 18).
Nebenbei sei erwähnt, dass Klebebänder nicht stets nur als Ware von der Rolle verarbeitet werden. Viele Formteile, die in der Elektronik eingesetzt werden, bestehen aus der Kombination einer Isolationsfolie mit einem Klebefilm und werden aus den Klebebändern gestanzt. Bei dieser Anwendung ist eine häufige Forderung die ausreichend hohe Klebkraft, damit das Stanzteil im Betrieb dort bleibt, wo es ursprünglich appliziert wurde. Denn die sichere Trennung von Bauteilen unter Spannungsbeaufschlagung und geerdeten Gehäuseteilen hat oft eine vitale Bedeutung.
Wie gewohnt, beschreibt diese Norm nicht den aktuellsten Stand der Technik, sondern einen gesicherten, unter anderem auch auf Erfahrungen fußenden Wissensstand. So sind neuere Isolierstoffe wie PEEK oder PVF nicht beschrieben. Oft liegt das jedoch u. a. daran, dass diese Materialien nur in eng begrenzten Einsatzbereichen zu finden sind (PVF z. B. in der Solarindustrie). Sofern hier seitens der Industrie kein Interesse an einer allgemein gültigen Norm besteht oder eine eigenständige Standardisierung im jeweiligen Fachbereich erfolgt, finden solche Produkte keinen Einzug in die allgemeine Norm IEC 60454 "Selbstklebebänder für elektrotechnische Anwendungen".
Jeder Anwender von Klebebändern ist jedoch aufgerufen, sich bei Interesse an der Normung auf diesem Gebiet an die DKE zu wenden.