Aus der Normungspraxis: Die Madaster Germany GmbH, Berlin

Interview mit Dr. Patrick Bergmann, Managing Director

Dr. Patrick Bergmann
© Madaster Germany GmbH, Berlin

Weil Transparenz in der Kreislaufwirtschaft von Immobilien lange überfällig ist: Madaster baut ein internationales Materialkataster auf.

„Bei DIN kommt man mit Corporates und Forschung in Kontakt und kann gleichzeitig eigene Akzente setzen, diese Chance sollten Start-ups viel mehr für sich nutzen.“

Dr. Patrick Bergmann

Das Interview

Warum und seit wann sind Sie in der Normung aktiv?
Ich bin seit April 2021 für Madaster bei DIN. Das zirkuläre Bauen beschäftigt mich aber schon seit meiner Forschungszeit von 2014 bis 2017 an der TU Dresden. Deshalb hat mich Madaster, die Initiative für Kreislaufwirtschaft in der Bau- und Immobilienwirtschaft, sofort begeistert – diese wurde 2017 von dem deutschen Architekten Thomas Rau in den Niederlanden gestartet. Er hat das Materialkataster und den Materialpass für die Bau- und Immobilienbranche schon vor Jahren eingeführt. Diese wichtige Initiative bringe ich jetzt in Deutschland voran.

In welchen Normungsgremien arbeiten Sie mit?
Madaster Germany ist quasi ein Start-up, also ein sehr junges Unternehmen. Im DIN-Normenausschuss „Nachhaltiges Bauen" mit vielen etablierten Playern wurden wir sehr gut aufgenommen und sind dort mit unseren Themen bestens aufgestellt. Zusätzlich pflegen wir auf der Community Plattform DIN.ONE einen intensiven Austausch.

Welche Normungsthemen sind in der Corona-Krise für Madaster in den Vordergrund gerückt?
Tatsächlich sind wir erst in der Corona-Zeit 2021 dazu gestoßen. Davon abgesehen kann ich für unsere gesamte Branche keine besonderen Corona bedingten DIN-Themen benennen.

Wie hat die Corona-Pandemie Ihre persönliche Gremienarbeit beeinflusst?
Alle Sitzungen, an denen ich bisher teilgenommen habe, fanden virtuell statt. Der Vorteil an Online-Terminen ist natürlich die hohe Effizienz. Trotzdem freue ich mich sehr auf das persönliche Kennenlernen, auf die Begegnungen und den Austausch mit den Expert*innen. Unser nächster Termin im Juni 2022 ist aktuell zumindest in Präsenz geplant.
 
Was ist Ihnen bei der Normungsarbeit besonders wichtig?

Normung ist international bedeutsam. Da sind wir in Deutschland durch unser breites Wissensspektrum, das in die Normung einfließt, sehr gut aufgestellt: Forschungs- und Wissenschaftseinrichtungen, Universitäten, Großunternehmen und auch Start-ups sind dabei, das erlebe ich als extrem bereichernd.

Konnten Sie schon Normen auf den Weg bringen?
Dafür war meine Zeit bei DIN bisher leider zu kurz. Aber ich konnte bereits an Normen mitarbeiten, sie kommentieren und weitere Impulse geben. Zum Beispiel beschäftigen wir uns mit einer DIN SPEC zu einem Zirkularitätsindex und über den DIN-Normenausschuss „Nachhaltiges Bauen" bin ich auch international beim CEN TC 350 SC1, Circular Economy im Construction Sektor involviert.

Welche Vorteile hat Madaster bzw. haben Madaster Produkte dadurch am Markt?
Global betrachtet zieht die Madaster-Initiative immer weitere Kreise. Inzwischen gibt es uns mit eigenen Niederlassungen in den Niederlanden, der Schweiz, Norwegen, Belgien und in Deutschland. Zu unseren Erfolgen gehören Gebäude in Kanada, Taiwan und Australien, die nach Madaster-Standards mit dem Materialpass errichtet wurden. Wir arbeiten daran, dass diese Beispiele für nachhaltiges Bauen auch in Deutschland weiter Schule machen.

An welchen Netzwerkveranstaltungen nehmen Sie teil – was vermissen Sie bei DIN?
Bei einigen Veranstaltungen war unser Know-how bereits gefragt. So habe ich beim Cyber-Frühstück von DIN einen Vortrag zum digitalen Produktpass gehalten. Daneben bringe ich mich beratend in die Normungsroadmap Circular Economy ein. Insgesamt wünsche ich mir in der Normung bei DIN noch mehr junge Unternehmen, und dass auch jüngere Wissenschaftler*innen in die Gremien kommen. Ich denke, der Generationen-Mix fördert Innovationen auf fachlicher wie auf struktureller Ebene.

Welchen Tipp geben Sie Unternehmen, die in der Normung aktiv werden wollen?
Ich finde den eigenen Fokus sehr wichtig, die Konzentration auf einen einzigen Bereich. Wer dabei sein will, sollte im Vorfeld ein Thema bestimmen, bei dem er sich auskennt; dann natürlich aktiv werden, den richtigen Normenausschuss recherchieren und sich dort bewerben. Bei Madaster hat das super unkompliziert geklappt.

Welche Zukunftsthemen kommen auf Ihre Branche zu? Wie können Normen dabei helfen?
Es zeichnet sich immer deutlicher ab, dass die Kreislaufwirtschaft für das Baugewerbe ein gewaltiges Thema wird. Die Digitalisierung schreitet voran, BIM kommt massiv. Für all das brauchen wir einen verbindlichen Rahmen, eine einheitliche Datensprache und -struktur. Deshalb plädiere ich bei Produkten für maximale Datentransparenz, die schon bei den Herstellern beginnen muss.

Welche konkreten Ziele verfolgen Sie persönlich bzw. Madaster mit der Normungsarbeit bei DIN, CEN oder ISO?
Vor allem wollen wir unsere DIN SPEC zum Zirkularitätsindex verwirklichen. Generell richtet sich unser Ehrgeiz als junges Unternehmen darauf, mehr Sichtbarkeit zu erlangen. Wir wollen unsere Expertise langfristig aktiv in die Erstellung und Kommentierung von Normen einbringen.

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