Aus der Normungspraxis: Die Carl Zeiss AG, Oberkochen

Interview mit Jessica Grupp, Document Control Services & Standards, Business Services & Infrastructure

Jessica Grupp
© Carl Zeiss AG

Weil Normung der Schlüssel zu Innovation ist: Zeiss nutzt eine international einheitliche, standardisierte Symbolsprache für optische Produkte.

„Bei DIN begeistert mich die Mischung von Jung und Alt, also von etablierten Unternehmen und Newcomern bzw. Start-ups – sie gibt uns die Möglichkeit, Zukunft gemeinsam zu gestalten.“

                                                                                                                           Jessica Grupp

Das Interview

Warum und seit wann sind Sie in der Normung aktiv und welche Rolle spielt die DIN-Mitgliedschaft dabei? 
Als ich 2021 mein Engineering Studium an der Hochschule Aalen abgeschlossen hatte, bin ich direkt zu Zeiss gegangen. Das Unternehmen ist ja schon seit vielen Jahren DIN-Mitglied mit sehr guten, gewachsenen Strukturen. Und so kam ich 2022 über den ANP (Ausschuss Normenpraxis) in die Normung bei DIN. Bei Zeiss bin ich in den Engineering Services nun als Projektleiterin tätig. Natürlich bin ich nicht die Einzige, viele Kolleginnen und Kollegen von Zeiss arbeiten in der Normung mit DIN, aber auch mit CEN und ISO.

In welchen Normungsgremien arbeiten Sie mit?
Von Anfang an engagiere ich mich im Normenausschuss „Technische Produktdokumentation“ (NA 152-06-05 AA), außerdem in der ANP-Regionalgruppe Stuttgart.

Was ist Ihnen bei der Normungsarbeit besonders wichtig? 
Damals, 2022, bin ich neu und unerfahren eingestiegen. Inzwischen habe ich viel gelernt. Deshalb weiß ich, wie wichtig der Austausch von Erfahrung und Wissen ist. Einen besonderen Schwerpunkt sehe ich bei der Transparenz von Querschnittsthemen, wie z.B. der geometrischen Produktspezifikation (ISO GPS) in der Feinmechanik oder in der Optik. Auch finde ich es sehr wichtig, die Relevanz von Normung deutlich zu machen. 

Welche Normungsthemen rücken durch Klimawandel, Nachhaltigkeit und Transformation für die Zeiss AG in den Vordergrund?
Unser gesamtes Wirken bei Zeiss orientiert sich an unserer Nachhaltigkeitsstrategie. Die steht auf den drei Säulen: Klimaschutz, Kreislaufwirtschaft und Mehrwert für die Gesellschaft. So definieren wir Normen, die wirkungsvoll dabei helfen, CO2 einzusparen, den Wasserverbrauch zu senken, Energie effizienter zu nutzen und zunehmend Materialien in Recycling-Prozesse zu bringen – das gilt für uns selbst sowie für unsere Lieferanten und andere Stakeholder.

Welche Zukunftsthemen kommen auf Ihre Branche zu und wie können Normen dabei helfen?
Woran wir intensiv in der Normung arbeiten, ist eine einheitliche Symbolsprache für die gesamte Wertschöpfungskette von optischen Produkten. Damit können wir die Kommunikation international vereinheitlichen und vereinfachen. 

Konnten Sie selbst schon Normen auf den Weg bringen? 
So weit bin ich leider noch nicht.

Welche Vorteile hat Ihr Unternehmen bzw. haben Ihre Produkte durch Normung? 
Bei der Anwendung von Normen sind wir immer auf dem aktuellen Stand der Technik. Das steigert die Zuverlässigkeit unserer Produkte. Genauso wächst auch unser Wissen und unser Know-how. Dadurch, dass wir frühzeitig Einblick in Normen haben, können wir den Markt aktiv mitgestalten. Und ein anderer großartiger Effekt ist die Anerkennung im eigenen Unternehmen.

Welche konkreten Ziele verfolgen Sie persönlich und/oder die Carl Zeiss AG mit der Normungsarbeit bei DIN, CEN oder ISO? 
Zwei Themen, die in meinem Team aktuell bearbeitet werden und auch Relevanz in der Normung haben, sind: 1. Der Wandel von der konventionellen 2D-Zeichnung hin zum plastischen 3D-Modell. Indem wir das eine durch das andere ersetzen, prägen wir frühzeitig neue digitale Standards. Die sogenannte Model Based Definition soll zukünftig für unsere Medizinprodukte, Mikroskope, Messmaschinen u.v.m. angewendet werden. 2. Mit unseren Lifecycle Assessments LCA implementieren wir standardisierte Methoden für die Vergleichbarkeit von Nachhaltigkeitsrichtlinien. 

Sie sind im ANP, dem Netzwerk der Normenanwender*innen aktiv – welche Vorteile haben Sie und Ihr Unternehmen dadurch?
Im ANP behandeln wir andere Themen als in den Normungsgremien. Denn hier kommen ganz unterschiedliche Unternehmen zusammen, nicht nur die Vertreter einer bestimmten Branche oder Fachrichtung. Dadurch können sich z.B. die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus Normenabteilungen intensiv austauschen und Best Practices aus ihren Unternehmen miteinander teilen. Natürlich werden auch Fachthemen und Lösungen diskutiert, so dass wir alle immer wieder neue Erkenntnisse gewinnen.

An welchen Netzwerkveranstaltungen nehmen Sie teil? 
Ich habe an der DIN Konferenz „Durchstarten mit Normung“ teilgenommen. Darin wurde uns vermittelt, wie wir Schulungen zum Thema Normen an Universitäten und im eigenen Unternehmen optimal gestalten. Und beim „DIN Pitch“ konnte ich meine Erfahrungen aus dem ANP mit anderen Experten teilen.

Welchen Tipp geben Sie Unternehmen, die in der Normung aktiv werden wollen?
Ich selbst bin damals als Gast bei DIN gestartet, und das kann ich jeder und jedem empfehlen. Das heißt, bei Interesse erstmal die eigenen relevanten Themen definieren, dann die Möglichkeiten bei DIN erfragen und schließlich in die Gremien reinschnuppern.

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Branche: Optische und optoelektronische Industrie
Unternehmensgröße: Mehr als 100 Standorte in 50 Ländern
Mitarbeiterzahl: Weltweit rund 43.000, 20.000 in Deutschland
Jahresumsatz:  10,1 Milliarden Euro 2022/23