MdEP Bütikofer hebt Bedeutung der Standardisierung hervor
DIN-Veranstaltung zu „Handel und internationale Normung“ in Brüssel
Über 60 Interessierte aus dem Europäischen Parlament, der Europäischen Kommission, Ständigen Vertretungen und Verbänden folgten am 9. Oktober der Einladung von DIN in Brüssel zu einer Diskussion über „Handel und internationale Normung“. Die Veranstaltung fand unter der Schirmherrschaft des Europaabgeordneten Reinhard Bütikofer (Grüne) statt.
Der Abgeordnete, der unter anderem die Parlamentsdelegation der Beziehungen zur Volksrepublik China leitet, hob in seinem Eingangsstatement die große Bedeutung der Normung für die Außenwirtschaftspolitik der Europäischen Union hervor. Andere Wirtschaftsnationen wie China und die USA hätten die geopolitische Bedeutung von technischen Standards erkannt und würden dieses Instrument strategisch einsetzen. Bütikofer verwies auf einen jüngst erschienenen Bericht des ehemaligen Premierministers von Schweden, Carl Bildt, zur Standardisierung für die Wettbewerbsfähigkeit der EU im digitalen Zeitalter, bei dem Bütikofer beratend tätig war: Standardisierung müsse Teil einer europäischen Industriestrategie sein. „Standardisierung ist vielleicht noch wichtiger als Innovation selbst“, so der Parlamentarier. Breite Zustimmung in der Paneldiskussion fand seine Forderung, bei der Europäischen Kommission eine/n Sonderbeauftragte/n für Standardisierung einzurichten, der/die direkt an die designierte Kommissions-Vizepräsidentin Margrethe Vestager berichten sollte. Industrieverbände sollten sich zusammentun und dies fordern.
Christoph Winterhalter, Vorstandsvorsitzender von DIN, sprach in seiner Funktion als Vizepräsident von CEN und Leiter der Task Force on China über die Erfahrungen im Austausch mit den chinesischen Normungsverantwortlichen. Europa sei in einem Beratungsgremium für die chinesischen Normungsadministration SAC gut vertreten. Man arbeite daran, den Chinesen die Vorzüge der Übernahme internationaler Normen in das nationale Normenwerk sowie das Ziel eines einheitlichen, kohärenten und widerspruchsfreien Normenwerks näher zu bringen. Ein Strategiedialog sowie ein Workshop über das Europäische Normungssystem stehen noch im Oktober auf dem Programm im Rahmen der IEC-Generalversammlung in Shanghai.
Dr. Tim Rühlig, Research Fellow am Swedish Institute of International Affairs, gab weitere Einblicke in die Entwicklung des chinesischen Normungssystems. Ein System, welches dazu angelegt ist, die Balance zwischen einerseits der Anregung technologischer Innovation und Qualitätsverbesserungen durch private Unternehmen und andererseits staatlicher Kontrolle durch die Partei herzustellen. Nach Einschätzung des Wissenschaftlers wird China auch in Zukunft genau abwägen, welche Elemente anderer Normungssysteme es übernimmt, und dies nur so lange tun, wie es für die chinesischen Ziele von Vorteil ist.
Für die Europäische Kommission stehen die Vorteile einer Integration der nationalen mit den Europäischen und internationalen Normen außer Frage, so Silvia Vaccaro von der Generaldirektion Binnenmarkt (DG GROW). In Verhandlung von Freihandelsverträgen strebe man die Referenzierung internationaler Normen sowie der Inhalte des Übereinkommen über technische Handelshemmnisse der Welthandelsorganisation (TBT Agreement) an.
Martin Löhe, Konzernbeauftragter Digitalregulierung bei Miele, stellte die Vorteile internationaler Normen für ein Unternehmen, wie etwa Zugang zu Märkten und Kostenreduzierung, dar. So sind die Testmethoden für Haushaltskühlschränke beispielsweise in Ländern wie China, Australien und Neuseeland in die Gesetzgebung integriert, so dass keine weiteren Kosten für Produkttests anfallen. Löhe legte aber auch den Finger in die Wunde, was die aktuelle Ausgestaltung der öffentlich-privaten Partnerschaft zwischen staatlicher Regulierung und Normung betrifft: Die schleppende Listung von harmonisierten Normen im Amtsblatt der Europäischen Union sowie die versäumte Einordnung des Cybersecurity Acts in den Neuen Rechtsrahmen machen Unternehmen Sorgen. Die Gefahr besteht, dass Europa vom Normengeber zum Normennehmer zurückfällt.