Im Kreis denken – Politik und Normung in der Circular Economy
Das Smartphone ist schon nach zwei Jahren defekt? Der neue Pullover nach einer Saison verschlissen? Und warum türmen sich in der Küche Berge von Plastikmüll? Diese und ähnliche Fragen haben sich viele im Alltag bereits gestellt. Fragen, an deren Lösung aktuell auf allen Ebenen mit Hochdruck gearbeitet wird – so auch in der Politik. Denn mit dem Pariser Klimaabkommen und der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung hat die Weltgemeinschaft die Weichen für einen grundlegenden Wandel unseres Wirtschaftssystems gestellt. Als ein Baustein, um das Ziel des „European Green Deals“ einer klimaneutralen Gesellschaft bis 2050 zu erreichen, gilt es in der so genannten Circular Economy „im Kreis zu denken“, Abfallprodukte zu vermeiden und Ressourcen möglichst lange effizient zu nutzen sowie am Ende ihres Lebenszyklus wiederzuverwerten. Denn Produkte oder Verpackungen, die gar nicht erst neu hergestellt werden, verursachen auch keine klimaschädlichen Emissionen.
Wie die EU reguliert …
Der Umbau der bisherigen linearen Wirtschaft zu einer ressourcenschonenden zirkulären Wirtschaft wird bereits in der EU-Abfallrahmenrichtlinie verfolgt, in der Müllvermeidung und Recycling Priorität haben vor einer endgültigen Entsorgung. Für einige Elektrogeräte, z. B. Kühlschränke und Waschmaschinen, gibt es im Rahmen der Regulierung zur Energieverbrauchskennzeichnung erste Vorgaben zur Materialeffizienz und dem Ermöglichen von Reparaturen.
Mit dem im März 2020 erschienenen „Circular Economy Action Plan“ hat die Europäische Union nun einen weiteren konkreten Impuls für eine kreislauforientierte Wirtschaft gegeben. Er soll als Richtschnur für die Transformation dienen, wobei der Schwerpunkt der Maßnahmen vor allem auf ressourcenintensiven Sektoren liegt, in denen ein hohes Kreislaufpotenzial besteht, wie dem Textil-, Bau-, Elektronik- und Kunststoffsektor.
In diesem Rahmen sollen in den kommenden Jahren z. B. Design- oder Produktstandards für die Langlebigkeit von Produkten, für deren Reparierbarkeit und Wiederaufarbeitung definiert und Recycelbarkeit als Voraussetzung für den Marktzugang festgelegt werden. Unternehmen aller Industriebereiche stellen daher neben Politik und Gesellschaft die wichtigsten Akteure dar. Als Schlüssel für die Umsetzung einer Circular Economy gilt die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle.
Die ehrgeizigen Maßnahmen im Rahmen der Circular Economy werden sich gemäß Berechnungen der EU-Kommission positiv auf das Wirtschaftswachstum und die Schaffung von Arbeitsplätzen auswirken. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) der EU könnte demnach bis 2030 um weitere 0,5 Prozent steigen und rund 700.000 neue Arbeitsplätze entstehen lassen.
… und die Normung standardisiert
Für die Weiterentwicklung des Standes der Technik bei ressourcenschonenden Produkten fällt der Normung eine besondere Bedeutung zu. Normung und Standardisierung dienen dabei als Katalysatoren für Innovationen und helfen, ressourcenschonende Lösungen nachhaltig am Markt zu verankern. Denn Normen und Standards definieren u.a. Schnittstellen, legen Kompatibilitätsanforderungen fest und vereinheitlichen Prüfmethoden. Beispielweise bei Kunststoffen: Für eine höhere Einsatzquote von Rezyklaten benötigen Hersteller und Recycler verlässliche Materialspezifikationen. So sorgen Standards im Rahmen der Circular Economy für Transparenz, Vertrauen und Sicherheit– sowohl auf Seiten der Verbraucher, als auch in Politik und Wirtschaft. Die Vorteile liegen auf der Hand:
- Normen ermöglichen einen klaren Informationsaustausch zwischen den verschiedenen Marktakteuren im Wertschöpfungskreislauf, z. B. durch Anforderungen an recyclingfähige Produkte und eindeutige Materialklassifizierung.
- Innovationen wird durch Normen und Standards der Weg in internationale Märkte bereitet.
- Normen und Standards unterliegen einer regelmäßigen Aktualisierung, so dass aktuelle Ergebnisse aus Forschung und Entwicklung immer wieder in den Prozess einfließen oder eine Basis für grundlegende neue Standardisierungsvorhaben bilden.
- Kompatibilitäts und Schnittstellennormen führen dabei zu geringeren unternehmensinternen Aufwendungen und zu niedrigeren Transaktionskosten.
- Die Nachfrage nach Produkten und deren Akzeptanz steigt, wenn sie mit bestehenden Systemen und Produkten kompatibel sind und den Anforderungen des Marktes entsprechen.
- Der Normenerstellungsprozess ist vollständig transparent und wird von Experten z.B. aus Wirtschaft, Umweltbehörden, Verbraucherorganisationen, Wissenschaft und Gewerkschaften unterstützt.
Im Rahmen der Circular Economy ist es unabdingbar, einheitliche europäische (CEN) bzw. internationale (ISO) Normen und Standards bereitzustellen, damit sich der Kreis tatsächlich schließen kann. DIN ist aktiv hieran beteiligt, um die deutschen Interessen in den entsprechenden Normungsgremien nachhaltig zu vertreten und Inhalte in die neu zu erarbeitenden Normen einzubringen, so z.B. über den DIN-Normenausschuss Grundlagen des Umweltschutzes (NAGUS) und den DIN-Normenausschuss Kunststoffe (FNK).
Die Politik stellt die Weichen
Noch funktionieren Kreislaufsysteme bestenfalls als Insellösungen oder Vorzeigeprojekte. Damit sich dies ändert, müssen alle Beteiligten den Markt auf Basis einheitlicher Standards und gesetzlicher Vorgaben regeln. Politische Entscheidungen zur Circular Economy werden häufig auf europäischer Ebene getroffen, aber national umgesetzt und mit Leben gefüllt. Auch auf nationaler Ebene wurden verschiedene Strategien entwickelt, die z. T. auf den europäischen Aktionsplänen basieren.
Europa
Am 11. Dezember 2019 stellte die EU-Kommission den European Green Deal mit dem Ziel vor, Europa bis 2050 zum ersten klimaneutralen Wirtschaftsraum der Welt zu machen. Es ist ein ambitioniertes Maßnahmenpaket mit dem Ziel, das bis 2050 keine Netto-Treibhausgasemissionen mehr freigesetzt werden und das Wirtschaftswachstum von der Ressourcennutzung abgekoppelt wird. Es umfasst Maßnahmen zur Förderung einer effizienteren Ressourcennutzung durch den Übergang zu einer sauberen und zirkulären Wirtschaft, zur Wiederherstellung der Biodiversität und zur Bekämpfung der Umweltverschmutzung.
Alle Wirtschaftssektoren müssen einen aktiven Beitrag leisten, z. B. durch:
- Investitionen in neue, umweltfreundliche Technologien
- Unterstützung bei Innovationen
- Einführung umweltfreundlicher, kostengünstiger Alternativen im Verkehrssektor
- Dekarbonisierung des Energiesektors
- Erhöhung der Energieeffizienz von Gebäuden
- Zusammenarbeit mit internationalen Partnern zur Verbesserung weltweiter Umweltnormen
Europas Übergang zu einer nachhaltigen Wirtschaft bringt erhebliche Investitionsanstrengungen in allen Sektoren mit sich: Um z. B. die derzeitigen Klima- und Energieziele zu erreichen, werden bis 2030 zusätzliche Investitionen in Höhe von 260 Mrd. EUR jährlich erforderlich sein.
Durch den European Green Deal Investment Plan and the Just Transition Mechanism werden EU-Mittel bereitgestellt und ein Rahmen geschaffen, der die öffentlichen und privaten Investitionen erleichtert und ankurbelt, die für den Übergang zu einer klimaneutralen, grünen, wettbewerbsfähigen und inklusiven Wirtschaft nötig sind. Der Plan stützt sich auf die folgenden Eckpfeiler:
- Mobilisierung von mindestens 1 Billion Euro an nachhaltigen Finanzinvestitionen in den nächsten zehn Jahren
- Anreize für die Mobilisierung und Neuausrichtung öffentlicher und privater Investitionen durch Einführung geeigneter Instrumente
- Praktische Unterstützung von Behörden und Projektträgern bei der Planung, Gestaltung und Durchführung nachhaltiger Projekte durch die EU-Kommission
Der Mechanismus für einen gerechten Übergang ist ein zentrales Instrument, um sicherzustellen, dass der Übergang zu einer klimaneutralen Wirtschaft fair verläuft und dabei niemand zurückgelassen wird.
Zu den ersten Klimaschutzinitiativen im Rahmen des European Green Deals gehören:
das Europäische Klimagesetz zur Verankerung des Ziels der Klimaneutralität bis 2050 im EU-Recht
- Festlegung der Langfriststrategie, um das Ziel auf sozial gerechte und kosteneffiziente Weise zu erreichen
- Schaffung eines Systems zur Überwachung der Fortschritte und Ergreifen weiterer Maßnahmen
- Planungssicherheit für Investoren und sonstige Wirtschaftsakteure
- Sicherstellen, dass der Übergang zur Klimaneutralität unumkehrbar ist
der Europäische Klimapakt, um die EU-Bürger sowie alle Bereiche der Gesellschaft in den Klimaschutz einzubinden
- dient der Information, der Inspiration und der Förderung der Zusammenarbeit zwischen Menschen und Organisationen
- Bewusstsein für den Klimawandel schärfen und Wissen darüber dank verlässlicher wissenschaftlicher Erkenntnisse verbessern
- Menschen und Organisationen ermutigen, sich einzubringen, und nachhaltige Verhaltensweisen fördern.
- direkte Bürgerkonsultationen in Form von Bürgerdialogen, Bürgerversammlungen usw.
Der Beschluss ist für das dritte Quartal 2020 geplant.
Mit ihrer neuen Europäischen Industriestrategie will die EU-Kommission erreichen, dass die europäische Wirtschaft auch weiterhin ihre Vorstellungen verwirklichen und sich gleichzeitig im globalen Wettbewerb behaupten kann. Drei Treiber sollen die Industrie transformieren, kleine und mittlere Unternehmen (KMU) unterstützen und dafür sorgen, dass Europa nachhaltig und wettbewerbsfähig bleibt:
- der ökologische Wandel mit dem European Green Deal als Europas neuer Wachstumsstrategie
- der digitale Wandel: Die Wirtschaftsakteure werden proaktiver, die Arbeitskräfte erwerben neue Kompetenzen und die Dekarbonisierung der Wirtschaft wird vorangetrieben.
- die globale Wettbewerbsfähigkeit: Europa muss die Wirkkraft seines Binnenmarktes als Hebel nutzen, um globale Standards zu setzen.
Durch stärkere Integration des EU-Binnenmarktes könnte ein geschätzter Anstieg des BIP von ungefähr 12 % erreicht werden. Die EU-Wettbewerbsvorschriften müssen dabei an eine im Wandel begriffene Welt angepasst werden. Dabei sind kleine und mittlere Unternehmen (KMU) für Wettbewerbsfähigkeit und Wohlstand in Europa unerlässlich und werden in besonderem Maße unterstützt.
Im Circular Economy Action Plan werden neue Initiativen vorgestellt, die den gesamten Lebenszyklus von Produkten betreffen, die Wirtschaft modernisieren und transformieren sowie gleichzeitig die Umwelt schützen sollen. Nachhaltige Produkte, die über eine längere Lebensdauer verfügen und recycelfähig sind, stehen dabei im Dies betrifft vor allem die besonders ressourcenintensiven Sektoren, wie dem Textil-, Bau-, Elektronik- und Kunststoffsektor. Folgende Maßnahmen werden u. a. vorgesehen:
- Produkte, die in der EU in Verkehr gebracht werden, sollen so konzipiert sein‚ dass sie über eine längere Lebensdauer verfügen und leichter repariert und nachgerüstet, recycelt und wiederverwendet werden können.
- Schaffung von Anreizen für das Modell „Produkt als Dienstleistung“: die Unternehmen bleiben über den gesamten Lebenszyklus des Produkts Eigentümer desselben und tragen dafür Verantwortung.
- Die Förderung neuer Geschäftsmodelle wird die Sortierung, die Wiederverwendung und das Recycling von Textilien voranbringen und den Verbrauchern ermöglichen, sich für nachhaltige Textilien zu entscheiden.
- Das Ökodesign wird auf eine breitere Produktpalette ausgeweitet: Kleidung wird so hergestellt, dass sie länger hält.
- Einwegprodukte werden, sofern möglich, schrittweise abgeschafft und durch langlebige Mehrwegprodukte ersetzt.
- Beschränkung des gezielten Zusatzes von Mikroplastik und Erhöhung der Abscheidung von Mikroplastik in allen relevanten Phasen des Lebenszyklus von Produkten.
- Es werden neue Gesetzgebungsinitiativen zur Wiederverwendung mit dem Ziel, Einwegverpackungen durch wiederverwendbare Produkte zu ersetzen, sowie Zielvorgaben für die Verringerung von Verpackungsabfällen vorgeschlagen.
- Es werden Maßnahmen zur Abfallvermeidung und -reduzierung‚ zur Erhöhung des Rezyklatanteils und zur Minimierung der Ausfuhren von Abfall aus der EU ergriffen.
Ein EU-Modell für die getrennte Sammlung und Kennzeichnung von Produkten wird auf den Weg gebracht.
In der “Farm to fork strategy” geht es “Vom Hof auf den Tisch”. Die Strategie soll als ein Eckpfeiler des European Green Deals für ein gesünderes und nachhaltigeres EU-Lebensmittelsystem sorgen. Im Fokus stehen hierbei die Gesundheit und das Wohlergehen der Menschen und nicht zuletzt die Wettbewerbsfähigkeit und Stabilität mit folgenden Zielen:
- Sichere Versorgung mit erschwinglichen und nachhaltig produzierten Lebensmitteln
- Halbierung der Verwendung chemischer und gefährlicher Pestizide bis 2030
- Verringerung der Nährstoffverluste um mindestens 50 % unter Vermeidung rückläufiger Bodenfruchtbarkeit
- Verringerung des Düngemitteleinsatzes um mindestens 20 % bis 2030
- Senken des Einsatzes von Antibiotika in Viehzucht und Aquakultur um 50 % bis 2030
- Ausweitung des ökologischen Landbaus in der EU mit dem Ziel, bis 2030 ein Viertel der gesamten landwirtschaftlichen Fläche ökologisch zu bewirtschaften
- Zur Förderung eines weltweiten Übergangs zu nachhaltigen Lebensmittelsystemen wird die EU mit Drittstaaten und internationalen Akteuren zusammenarbeiten.
- Die Kennzeichnung nachhaltiger Lebensmittel soll fundierte Verbraucherentscheidungen erleichtern
Die EU-Biodiversitätsstrategie für 2030 verfolgt das Ziel, dem Verlust an biologischer Vielfalt und dem Zusammenbruch von Ökosystemen entgegenzuwirken und Europas Biodiversität bis 2030 auf den Weg der Erholung zu bringen. Mit Maßnahmen wie Wiederaufforstung, Sanierung von Böden und Wiederherstellung von Feuchtgebieten sowie Schaffung grüner Oasen in Städten soll die bis 2030 notwendige Eindämmung des Klimawandels erreicht werden. Konkrete Ziele hierbei sind:
- Schaffung von Schutzzonen auf mindestens jeweils 30 % der Landgebiete und der Meeresgebiete Europas
- Schutz der verbleibenden Primär- und Urwälder in der EU und verbindliche Ziele für Renaturierung im Jahr 2021
- Wiederherstellung geschädigter Land- und Meeresökosysteme in ganz Europa durch:
- Stärkung der Biolandwirtschaft und biodiversitätsreicher Landschaftselemente auf landwirtschaftlichen Nutzflächen
- Aufhalten und Umkehren des Verlusts an Bestäubern
- Reduzierung des Einsatzes und der Risiken von Pestiziden um 50 % bis 2030
- Anpflanzen von drei Milliarden Bäumen bis 2030
- Jährliche Investitionen von 20 Milliarden Euro in Biodiversität
- Verantwortungsvolles Verhalten der Unternehmer im Sinne der biologischen Vielfalt
- Globale Vorreiterrolle der EU und Mobilisierung internationaler Partnerschaften, um zu einem neuen, globalen UN-Rahmen zum Schutz der Biodiversität zu gelangen
Die wirtschaftlichen und sozialen Kosten eines Nicht-Handelns wären enorm: Mehr als die Hälfte des weltweiten BIP – rund 40 Billionen Euro – ist naturabhängig. Die drei wichtigsten Wirtschaftszweige, der Bausektor, die Landwirtschaft und die Lebensmittel- und Getränkeindustrie, sind hochgradig naturabhängig und stehen für eine Wertschöpfung von mehr als 7 Billionen Euro.
Deutschland
Im Jahr 2012 hatte die Bundesregierung erstmalig das Deutsche Ressourceneffizienzprogramm (ProgRess) beschlossen. Es wurde 2016 mit ProgRess II und 2020 mit ProgRess III fortgeschrieben. Damit will die Regierung einen sparsamen Umgang mit Rohstoffen erreichen. Vor allem Unternehmen sollen natürliche Ressourcen entlang der gesamten Wertschöpfungskette effizienter nutzen. Digitale Lösungen sollen zur Steigerung von Ressourceneffizienz stärker genutzt werden. Die Entscheidung für ressourcenschonende Produkte soll der Bevölkerung durch verbesserte Informationen leichter gemacht werden. Der Normung und Standardisierung wird in ProgRess III eine prioritäre Bedeutung beigemessen: „Aktivitäten im Bereich von Normung und Standardisierung, die einer Integration von Ressourcen- und Umweltaspekten in Industrie 4.0 / Automatisierung / IT / Building Information Modelling (BIM) dienen, sollten daher deutlich forciert werden.“
Am 4. Juli 2018 ist das EU-Legislativpaket zur Kreislaufwirtschaft in Kraft getreten. Gegenstand des Legislativpakets sind Novellierungen der wesentlichen abfallrechtlichen Regelungen. Die Umsetzung des EU-Legislativpakets erfolgt in Deutschland unter anderem durch die Novellierung des Kreislaufwirtschaftsgesetzes (KrWG), des Verpackungsgesetzes (VerpackG) und des Elektro- und Elektronikgerätegesetzes (ElektroG). Auch für die Altölverordnung als ein untergesetzliches Regelwerk des KrWG ergibt sich Anpassungsbedarf. Ziel ist es, das Ressourcenmanagement zu verbessern und die Ressourceneffizienz zu steigern. An erster Stelle steht dabei die Vermeidung von Abfällen. Rohstoffe werden möglichst lange im Kreislauf geführt und nachhaltig bewirtschaftet, so dass Ressourcen und Umwelt geschont werden.
Die Bundesregierung hat am 7. November 2007 die unter Federführung des Bundesumweltministeriums erarbeitete Nationale Strategie zur biologischen Vielfalt (NBS) beschlossen. Die NBS ist eine umfassende und anspruchsvolle Strategie zur Umsetzung des UN-Übereinkommens über die biologische Vielfalt und enthält rund 330 Ziele und 430 Maßnahmen zu allen biodiversitätsrelevanten Themen. Für die Zukunft steht eine Aktualisierung und Modernisierung der Strategie an, insbesondere vor dem Hintergrund, dass es auf EU- sowie auf internationaler Ebene im Rahmen der UN-Konvention über die biologische Vielfalt in 2020/2021 neue Zielsysteme für den Schutz der Biodiversität gibt. Daher ist eine Weiterentwicklung der NBS mit konkreten Zielen und Maßnahmen für die Zeit nach 2020 in Arbeit.
Im Rahmen der letzten Aktualisierung der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie in 2018 beschloss die Bundesregierung, mehr für die Unterstützung guter Regierungsführung, um weltweit eine angemessene Ernährung zu sichern. Ebenso enthält die Strategie neu formulierte Prinzipien einer nachhaltigen Entwicklung. Bis 2030 soll der Ausbau des ökologischen Landbaus auf 20 Prozent der Anbaufläche erreicht werden. Bis 2025 sollen die privaten und öffentlichen Ausgaben für Forschung und Entwicklung auf mindestens 3,5 Prozent des BIP steigen. Erstmals beschlossen wurde eine Nachhaltigkeitsstrategie im Jahr 2002. Sie wurde in regelmäßigen Abständen fortgeschrieben. Die jeweils angepasste Strategie bestimmt den Kurs für eine nachhaltige Entwicklung in unserem Land. Die nächste Aktualisierung ist für 2020 vorgesehen.
Mit der Industriestrategie 2030 legte das federführende Bundesministerium für Wirtschaft und Energie 2019 ein umfassendes Konzept zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Industrie sowie zur Sicherung von Wohlstand und Arbeitsplätzen der Zukunft vor. Die drei Säulen der Strategie beruhen auf verbesserten Rahmenbedingungen für Unternehmen, Stärkung neuer Technologien durch Mobilisierung privaten Kapitals sowie der Wahrung technologischer Souveränität. Um insbesondere das Innovationspotenzial am Standort Deutschland zu aktivieren und dafür zu sorgen, dass mehr technologische Neuerungen praktisch angewendet werden, sieht die Industriestrategie 2030 hierzu u. a. folgendes vor:
- Verbesserung der Finanzierungsmöglichkeiten für Game-Changer-Technologien
- Wertschöpfungspotenziale von Digitalisierung in den Bereichen Künstliche Intelligenz, Industrie 4.0, souveräne und vertrauenswürdige Dateninfrastruktur, digitale Plattformen und Mobilität der Zukunft aktivieren
- Weichen für effektiven Klimaschutz mit einer emissionsarmen Industrie stellen
- Bioökonomie als Zukunftsfeld für den Hightech-Standort weiterentwickeln
- Cybersicherheit ausbauen
Die Rohstoffstrategie der Bundesregierung deckt das gesamte Spektrum mineralischer, nicht-energetischer Rohstoffe ab und soll dazu beitragen, die Versorgung der Wirtschaft mit Rohstoffen langfristig sicherzustellen. Im Jahr 2010 hatte die Bundesregierung ihre erste Rohstoffstrategie verabschiedet. Auf ihr baut die Neufassung aus Januar 2020 auf. Sie enthält 17 konkrete Maßnahmen in den drei Säulen der Rohstoffversorgung: heimische Rohstoffe, Importe sowie Recycling. Erfolgreiche Maßnahmen der ersten Strategie wurden weiterentwickelt, darunter das Rohstoffmonitoring der Deutschen Rohstoffagentur sowie die Rohstoffkompetenzzentren an Auslandshandelskammern in ausgewählten Ländern. Als neue Maßnahmen hinzu kommen die Förderung von Forschung und Entwicklung von Projekten zu Rohstoffverarbeitung und Leichtbau sowie ein Dialogprozess mit Wirtschaft, Wissenschaft und Verwaltung mit dem Ziel, die Hemmnisse für einen stärkeren Einsatz von mineralischen Sekundärrohstoffen zu verringern. Ein stärkerer Einsatz von mineralischen Sekundärrohstoffen mindert die Importabhängigkeit und kann einen wichtigen Beitrag auf dem Weg zu einer ressourceneffizienten Industrie leisten.
Das Klimaschutzprogramm 2030 der Bundesregierung zur Umsetzung des Klimaschutzplans 2050 zielt darauf ab, mit einer Bepreisung des klimaschädlichen CO2, Fördermaßnahmen und gesetzlichen Standards für mehr Innovationen und Investitionen Deutschlands Klimaschutzziel 2030 zu erreichen: 55 Prozent weniger Treibhausgase im Vergleich zum Jahr 1990. Im Fokus stehen hierbei das erste Bundes-Klimaschutzgesetz und die neue CO2-Bepreisung für Verkehr und Wärme. Es werden Anreize gesetzt, CO2 einzusparen und technologische Lösungen zu fördern. So sind z. B. energetische Gebäudesanierungen nun steuerlich abschreibbar. Im Vergleich zu 1990 müssen sich die Emissionen im Verkehr bis 2030 um 40 bis 42 Prozent verringern. Erreicht werden soll dies mit einem Paket aus Förderung der Elektromobilität, Stärkung der Bahn und CO2-Bepreisung. Auch Deutschlands Landwirtschaft soll klimafreundlicher werden, z. B. durch mehr Ökolandbau, weniger Emissionen in der Tierhaltung sowie weniger Lebensmittelabfällen. Alle zusätzlichen Einnahmen aus dem Klimaschutzprogramm werden für Klimaschutzmaßnahmen reinvestiert oder als Entlastung an die Bürger zurückgegeben.
Mit der im September 2015 auf einem Gipfel der Vereinten Nationen verabschiedeten Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung drückt die internationale Staatengemeinschaft ihre Überzeugung aus, dass sich die globalen Herausforderungen nur gemeinsam lösen lassen. Sie schafft die Grundlage dafür, weltweiten wirtschaftlichen Fortschritt im Einklang mit sozialer Gerechtigkeit und im Rahmen der ökologischen Grenzen der Erde zu gestalten. Die Agenda 2030 gilt für alle Staaten dieser Welt gleichermaßen. In Deutschland fällt sie in das Ressort des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Den Schwerpunkt bildet ein ehrgeiziger Katalog mit 17 Zielen für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDGs). Die 17 SDGs berücksichtigen erstmals alle drei Dimensionen der Nachhaltigkeit (Soziales, Umwelt, Wirtschaft) gleichermaßen. Ihnen sind fünf Kernbotschaften als handlungsleitende Prinzipien vorangestellt: Mensch, Planet, Wohlstand, Frieden und Partnerschaft. Im Englischen spricht man von den "5 Ps": People, Planet, Prosperity, Peace, Partnership.