Presse
Standard für Journalismus vorgelegt
Die Europäische Normungsorganisation CEN hat offiziell einen Standard für glaubwürdigen Journalismus vorgelegt. Medien, Websites und Blogs können ihn ab sofort als Maßstab nutzen, um die Unabhängigkeit und Professionalität der eigenen Arbeit zu bewerten, zu verbessern und transparent zu machen. Zu den 18 Kriterien des CEN Workshop Agreements 17493 „Journalism Trust Initiative“ gehören Transparenz über Eigentumsverhältnisse und Einnahmequellen von Medien sowie Mindestanforderungen an journalistische Ethik und redaktionelle Abläufe, darunter der Umgang mit Korrekturen und die Kennzeichnung von Meinungsbeiträgen oder bezahlten Inhalten. Der gesamte Prozess wurde vom französischen Normungsinstitut AFNOR geleitet und vom Deutschen Institut für Normung (DIN) unterstützt.
Das jetzt veröffentlichte CEN-Dokument ist ein Ergebnis der von Reporter ohne Grenzen angestoßenen Journalism Trust Initiative (JTI) und zielt darauf, einen breiten Konsens über Merkmale für glaubwürdigen Journalismus zu etablieren. Diese Merkmale sollen als Entscheidungshilfe für Mediennutzerinnen und -nutzer, Internetplattformen und Werbetreibende dienen und dazu beitragen, tatsächlichen journalistischen Produkten einen angemessenen Wettbewerbsvorteil gegenüber Propaganda, Desinformation und Stimmungsmache zu verschaffen. Die Initiative ist eine Antwort auf die anhaltende Debatte über den Umgang mit falschen oder tendenziösen Informationen im Internet.
Das nun entwickelte Verfahren verzichtet bewusst darauf, einzelne veröffentlichte Beiträge auf Faktentreue und die Einhaltung journalistischer Standards zu untersuchen. Stattdessen legt es den Fokus auf den Entstehungsprozess von Journalismus: Medien können den Standard nur insgesamt oder aber gar nicht erfüllen. Indem der Standard maschinenlesbar gestaltet wurde, soll er für die Algorithmen von Suchmaschinen und sozialen Medien unmittelbar zur Gewichtung journalistischer Inhalte anwendbar sein.
Mehr als 120 Beteiligte berieten seit 2018
Seit Mai 2018 hatten im Rahmen der JTI mehr als 120 Vertreterinnen und Vertreter von Medien, Verbraucherorganisationen, Technologieunternehmen, Regulierungsbehörden und Nichtregierungsorganisationen gemeinsam Kriterien eines professionellen Standards für glaubwürdigen Journalismus entwickelt. Nachdem der Entwurf von der Öffentlichkeit kommentiert und über die Kommentare beraten wurde, wurde die CWA am 22. November in Brüssel mit großer Mehrheit bei einer Gegenstimme und zwei Enthaltungen verabschiedet.
Der am 19. Dezember auf der CEN-Website als „Workshop Agreement“ veröffentlichte Standard steht Medien, Websites und Blogs nun als Instrument zur Verfügung, mit dem sie sich auf freiwilliger Basis selbst evaluieren und ihre Arbeitsweise transparent machen können. Zugleich soll er Anreize dafür schaffen, sich an Kriterien für unabhängigen, professionellen Journalismus zu halten. Ebenso soll der Standard Werbetreibenden und Regulierungsbehörden, aber auch einfachen Bürgerinnen und Bürgern ein leicht handhabbares Instrument an die Hand geben, um unabhängigen Journalismus zu erkennen.
Im nächsten Schritt soll nun ein Online-Tool entwickelt werden, mit dem Medien bald überprüfen können, inwieweit sie selbst den JTI-Standard erfüllen.
Medien, Internetplattformen, Presseräte und Verbände als Partner
Strategische Partner bei der Entwicklung des Standards sind Agence France-Presse, European Broadcasting Union und Global Editors Network gewesen. International beteiligten sich unter anderem Associated Press, die BBC, das World Wide Web Consortium (W3C), die Mediengruppen RTL (Luxemburg) und Tamedia (Schweiz), Google, Facebook, die City University of New York, Civil (USA), die Thomson Foundation, Independent Monitor of the Press, Internews (Großbritannien), Gazeta Wyborcza (Polen), der Schweizer Presserat, die Journalistenvereinigungen von Taiwan und Südkorea, die European Association for the Coordination of Consumer Representation in Standardisation (ANEC) und die UN-Kulturorganisation UNESCO. Zu den Beteiligten aus Deutschland gehören die Deutsche Presse-Agentur dpa, der Tagesspiegel und die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien.