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Kampf gegen den Plastikmüll: Neuer Standard für mehr Recycling
Zu wenig Plastik wird recycelt und wiederverwertet, weltweit wachsen die Müllberge. Standards wie die neue DIN SPEC 91481 können Kunststoffabfällen den Weg in die Kreislaufwirtschaft bereiten.
Plastikmüll ist überall: Er verschmutzt Ozeane, Flüsse und Seen, sammelt sich im Boden, in Wäldern und sogar auf Gletschern – mit katastrophalen Folgen für Mensch, Tier und Umwelt. Kunststoff ist aber unverzichtbar: Ob als Verpackung im Automobilbau, für medizinische Geräte oder beim Ausbau erneuerbarer Energien – er ist und bleibt ein wichtiger Werkstoff.
Eine Möglichkeit, den Plastikmüll zu reduzieren: Wiederverwertung und Recycling. Hier hakt es jedoch, denn hochwertige Rezyklate, also wiederverwertete Kunststoffe, sind teurer als Neuware und noch immer werden zu wenig wiederverwertet. Das liegt hauptsächlich an fehlenden Standards für Rezyklate und der mangelnden Digitalisierung in der Industrie.
Abfälle und Rezyklate nach Datenqualität klassifizieren – besseres Recycling sicherstellen
Um langfristig den Anteil an recyceltem Kunststoff und dessen Qualität zu erhöhen, hat ein Konsortium aus 19 Organisationen aus Forschung und Wirtschaft die DIN SPEC 91481 entwickelt. Der neue Standard beschreibt konkrete Anforderungen für die Klassifizierung von recycelten Kunststoffen und Kunststoffabfällen auf Polyamid-Basis nach Datenqualitätsleveln für die Verwendung und den (internetbasierten) Handel. Das Dokument richtet sich an die herstellende und verarbeitende Industrie von Polyamid-Rezyklaten und soll ihnen den Handel mit den Produkten erleichtern.
„DIN SPEC 91481 geht in entscheidenden Punkten weiter als die derzeitigen Standards am Markt: Sie nimmt zum ersten Mal überhaupt Polyamid als Werkstoff in den Blick, erfasst dabei sowohl Abfälle als auch Rezyklate und öffnet das Tor zu deutlich mehr Digitalisierung in der Kreislaufwirtschaft“, sagt Christian Schiller, Gründer und Geschäftsführer des Unternehmens Cirplus, das die Entwicklung des Standards initiiert hat.
Standard schafft Klarheit und Vergleichbarkeit
Indem Rezyklate nach der Menge der verfügbaren Daten für das Material, sogenannte Datenqualitätslevels (Data Quality Levels, DQL), eingestuft werden, wird der Industrie eine einheitliche Sprache zur Verfügung gestellt – und eine große Hemmschwelle beseitigt, Rezyklate in kommerziellen Produkten einzusetzen. Langfristiges Ziel ist, eine zirkuläre und digitalisierte Kunststoffwirtschaft zu etablieren.
Erster digitaler Produktpass für Rezyklate
Darüber hinaus enthält die neue DIN SPEC ein Konzept für einen digitalen Produktpass für Kunststoffrezyklate und -abfälle. Diese digitale Lösung schafft Transparenz und macht den gesamten Lebenszyklus des Materials nachvollziehbar. Eine einheitliche Datenerfassung, -speicherung und -weitergabe ermöglichen es, die Abfälle und Rezyklate zu klassifizieren und zu vergleichen und das erleichtert wiederum deren Vermarktung bzw. Wiederverwendung. So sollen Investitionen angekurbelt und die Nachfrage nach Rezyklaten sowie die Recyclingquote erhöht werden – sodass sich der Kreislauf für Kunststoffe schließt.
„Mit dem neuen Standard wollen wir die Akzeptanz von Polyamid-Rezyklaten am Markt erhöhen“, sagt Prof. Dr. Hans-Josef Endres, geschäftsführender Leiter des IKK - Institut für Kunststoff- und Kreislaufwirtschaft und Leiter des DIN-SPEC-Konsortiums. „Auf lange Sicht soll er den Weg zu einem Paradigmenwechsel ebnen: Weitere Standardisierungen und der Ausbau digitaler Lösungen werden für eine echte Kunststoff-Kreislaufwirtschaft maßgeblich sein.“
Die Identifizierung und Kennzeichnung der Rezyklate baut auf der Methodik auf, die in DIN SPEC 91446 (erschienen im Dezember 2021) entwickelt wurde, dem weltweit ersten Standard für hochwertiges Kunststoffrecycling und Digitalisierung. Sie wurde Anfang 2023 vom Verband der Deutschen Automobilindustrie (VDA) als Grundlage übernommen für den Rezyklateinsatz in der Automobilindustrie (VDA 284) und wird derzeit in eine europäische Norm überführt. Auch die neue DIN SPEC 91481 soll zur europäischen Norm werden.
An der DIN SPEC 91481 mitgewirkt haben: IKK - Institut für Kunststoff- und Kreislaufwirtschaft, Leibniz Universität Hannover (LUH), Kunststoff, Institut Lüdenscheid, KIMW Prüf- und Analyse GmbH, cirplus GmbH, APK AG, BASF SE, Circularise B.V., ENNEATECH AG, GS PRO GmbH, HOFFMANN + VOSS GmbH, KOSTAL Automobil Elektrik GmbH & Co. KG, Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, MKV GmbH Kunststoffgranulate, Remondis Recycling GmbH & Co. KG, Röchling Industrial SE & Co. KG, S1Seven GmbH, TecPart - Verband Technische Kunststoff-Produkte e. V., Ter Plastics Polymer Group, Technische Universität Chemnitz, Vossloh Fastening Systems GmbH.
Der Standard steht bei DIN Media unter www.dinmedia.de zum kostenlosen Download bereit.