Presse
„Besonders wichtig war die aktive Beteiligung der Bau-Akteure“
Interview mit Dr. Albert Dürr zur Normungsroadmap Bauwerke
Herr Dr. Dürr, warum braucht es nach der Normungsroadmap Bauwerke 2018 nun diese neue Roadmap und welche Ziele verfolgt sie?
Dürr: Die Baubranche steht vor enormen Herausforderungen: Die Digitalisierung und die gesellschaftliche Forderung nach mehr Nachhaltigkeit stellen hohe Anforderungen an alle Bau-Akteure. Gleichzeitig geht es darum, bezahlbaren, barrierefreien und klimagerechten Wohnraum zu schaffen. Sie sehen also: Die Herausforderungen haben sich im Vergleich mit 2018 noch einmal stark verändert. Mit der Roadmap wollen wir Orientierung bieten, wie diese komplexen Aufgaben mit Hilfe von Normen und Standards bewältigt werden können. Im Bereich des Klimaschutzes empfehlen wir zum Beispiel standardisierte Nachhaltigkeitsbewertungen für Baumaterialien und Bauwerke, um einheitliche Kriterien zu schaffen und das nachhaltige Bauen zu fördern. Auch die bessere Einbindung digitaler Lösungen spielt eine große Rolle, etwa durch die Nutzung von Künstlicher Intelligenz und 3D-Druck.
Wer hat die neue Normungsroadmap Bauwerke erarbeitet?
Dürr: Der Sonderpräsidialausschuss Bauwerke (SPB) hat die Roadmap federführend erarbeitet. Beteiligt waren viele verschiedene Arbeitsausschüsse und -kreise sowie Abteilungen von DIN, um eine möglichst breite Perspektive auf das Thema zu erhalten. Besonders wichtig war die aktive Beteiligung der Bau-Akteure: Bauherren und - herrinnen, Planende, Produkthersteller, Bauausführende und andere Interessierte brachten ihre Meinungen ein. Ein erster Entwurf wurde im Januar 2024 veröffentlicht und anschließend für zwei Monate öffentlich zur Diskussion gestellt. Dabei gingen rund 400 Kommentare ein, die von uns intensiv geprüft und in vielen Fällen in die finale Version übernommen wurden. Dieser breite Feedbackprozess hat dazu beigetragen, dass die Roadmap praxisnäher und vielfältiger geworden ist.
Welche Rolle spielt der Sonderpräsidialausschuss Bauwerke bei der Roadmap und warum ist eine solche zentrale Koordination für die Normungsarbeit wichtig?
Dürr: Der Sonderpräsidialausschuss Bauwerke wurde 2016 gegründet. Hochrangige Vertreter*innen von Bund, Länder, Kommunen, Kammern, Wirtschaft, Verbraucher und DIN arbeiten zusammen in diesem Gremium, um die strategischen Weichen für die Normung im Baubereich zu stellen. Die Begleitung und Umsetzung der Normungsroadmap Bauwerke aus dem Jahr 2018 gehört zu unseren wesentlichen Aufgaben. Mit der neuen Ausgabe schreiben wir die alte Ausgabe nun fort und integrieren neue wichtige Aspekte. So stellen wir sicher, dass die Normung neue technische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Anforderungen berücksichtigt. Wir haben in der Roadmap beispielsweise festgehalten, dass einfache Bemessungsverfahren im Bereich der Eurocodes entwickelt werden sollen, um ressourceneffizientes Bauen zu fördern, und dass die deutsche Position im europäischen Brandschutzprozess gestärkt werden muss. Die Erarbeitung der Roadmap war kein leichter Prozess, denn es ging darum, die Interessen verschiedener Stakeholder zu koordinieren und praxisnahe Lösungen zu erarbeiten.
Wie sieht der weitere Weg der Roadmap aus und wie können interessierte Expertinnen und Experten an diesem Prozess teilnehmen?
Dürr: Der Sonderpräsidialausschuss Bauwerke wird die Umsetzung der Empfehlungen aktiv verfolgen und alle zwei Jahre evaluieren. Verschiedene Normungsgremien werden in der Roadmap dazu aufgerufen, die Empfehlungen in ihre Arbeitsprogramme aufzunehmen und weiterzuentwickeln. Wir laden interessierte Experten und Expertinnen aus der Wirtschaft, Wissenschaft, Zivilgesellschaft und öffentlichen Hand ein, sich zu beteiligen. Nur durch eine breite Mitwirkung können wir sicherstellen, dass die Normen weiterhin praxisnah und relevant bleiben und den Anforderungen von Wirtschaft und Gesellschaft gerecht werden.
Entdecken Sie hier die Normungsroadmap Bauwerke 2024