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Bürokratieabbau mit Normen und Standards?

Der Nationale Normenkontrollrat (NKR), ein unabhängiges Beratungsgremium der Bundesregierung, hat in einem aktuellen Positionspapier die Bürokratie als eine der größten Herausforderungen für Deutschland identifiziert. Bürokratische Hürden bremsen nicht nur die Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft, sondern sorgen auch für Mehraufwände in Verwaltung und Gesellschaft.
Um dieser Herausforderung zu begegnen, fordert der NKR von der nächsten Bundesregierung eine deutliche Vereinfachung der Verwaltungsprozesse, praxisorientierte Gesetze und einen verstärkten Einsatz der Digitalisierung. Normen und Standards können dabei als Werkzeug dienen, um diese Reformen in die Praxis umzusetzen.
Wo setzt das Positionspapier des Normenkontrollrats an und welche Maßnahmen fordert es?
Der NKR sieht in seinem Strategiepapier sechs zentrale Handlungsfelder für eine umfassende Reformagenda:
- Bürokratie gezielt abbauen – durch 60 konkrete Vorschläge für schnell umsetzbare Maßnahmen, unter anderem zur Vereinfachung von Genehmigungsprozessen und Entlastung kleiner Unternehmen.
- Praxis- und Digitaltauglichkeit von Gesetzen steigern – mit frühzeitiger Einbindung von Praktikerinnen und Praktikern und klaren Standards für digitale Prozesse.
- Effektivere Mitgestaltung auf EU-Ebene – um bürokratiearme Regelungen frühzeitig zu verankern.
- Verwaltung leistungsfähiger und krisenfester machen – durch Vereinfachung der Aufgabenverteilung und Förderung digitaler Lösungen.
- Planungs- und Genehmigungsverfahren beschleunigen – mit verbindlichen Standards für effizientere Abläufe.
- Digitale Verwaltung stärken – durch interoperable Plattformen, einheitliche Schnittstellen und ein konsequentes Once-Only-Prinzip (nach diesem reichen Bürger*innen oder Unternehmen bei der Beantragung von Verwaltungsleistungen ihre Daten und Nachweise einmalig ein, bei allen weiteren Anträgen nutzen die Behörden die bereits vorhandenen Daten und Nachweise).
Können Normen und Standards zum Bürokratieabbau beitragen?
Häufig wird angenommen, dass Normen zusätzliche Vorschriften schaffen und dadurch Bürokratie erhöhen. Tatsächlich konkretisieren sie jedoch komplexe Einzelregelungen durch einheitliche, transparente, praxisnahe und verlässliche Vorgaben und schaffen somit Klarheit und reduzieren Abstimmungsaufwand.
Ein Beispiel dafür ist die Norm DIN 91379, die eine standardisierte Schreibweise für Namen und Sonderzeichen in IT-Systemen festlegt. Diese Vereinheitlichung erleichtert den Datenaustausch zwischen Behörden und reduziert Fehler, die bis dahin durch uneinheitliche Namensschreibweisen oder manuelle Korrekturen entstanden sind.
Auch die Norm DIN 66398 trägt dazu bei, Verwaltungsprozesse effizienter zu gestalten. Sie definiert Vorgaben für die datenschutzkonforme Vernichtung von Datenträgern mit sensiblen Informationen und hilft Unternehmen und Behörden dabei, die Schutzbedürftigkeit von Daten zu bewerten und geeignete Vernichtungsmethoden auszuwählen. Durch solche Standards wird sichergestellt, dass Verwaltungsvorgänge nicht nur schneller, sondern auch rechtssicher und nachvollziehbar ablaufen.
Gibt es bereits Beispiele, wie Normen die Effizienz beim Thema Bürokratie erhöhen?
Standardisierte Verfahren tragen bereits in mehreren Bereichen dazu bei, Prozesse effizienter zu gestalten. Damit beschäftigt sich auch die Initiative QI-Digital, die die Prozesse der Qualitätsinfrastruktur digitalisiert. Digitale Produktpässe können Unternehmen dabei unterstützen, Nachweise und Produktinformationen nicht mehr in Papierform einzureichen, sondern sie in standardisierten digitalen Formaten bereitzustellen. So könnten sie künftig zum Beispiel statt kleingedruckter und schwer lesbarer Beipackzettel und Etiketten QR-Codes auf Verpackungen sämtliche relevanten Informationen digital bereitstellen – in beliebig vielen Sprachen, übersichtlich und gut lesbar. Dies erleichtert Verbraucher*innen den Zugang zu Produktinformationen und sorgt bei Unternehmen und Herstellern für die Reduzierung bürokratischer Aufwände. Die Einführung standardisierter digitaler Verfahren kann also zum Bürokratieabbau beitragen.
In welchen Bereichen kann Standardisierung noch ansetzen?
Herausforderungen definiert der Normenkontrollrat besonders in der digitalen Verwaltung, der Datenverarbeitung und der öffentlichen Beschaffung, wo uneinheitliche Systeme, komplizierte Abstimmungsprozesse und fehlende Interoperabilität effiziente Abläufe erschweren. Vom Bund fordert der Normenkontrollrat die strategische Steuerung der Verwaltung gemeinsam mit den Ländern, unter anderem auf Basis von Standards. Es gibt bereits Normen und Standards, die gezielt dazu beitragen, Bürokratie effizienter einzuhalten und Verwaltungsprozesse zu vereinfachen.
Ein Beispiel dafür ist die DIN SPEC 66336 „Qualitätsanforderungen für Online-Services und -Portale der öffentlichen Verwaltung“, die im März 2025 veröffentlicht wird. Dieser Standard soll Qualitätsmerkmale definieren, die für eine reibungslose und effiziente digitale Verwaltung notwendig sind. Sie dient Entwicklern als Leitfaden, um robuste und benutzerfreundliche digitale Lösungen zu gestalten. Die Erarbeitung neuer Standards spielt jedoch eine zentrale Rolle, um diese Herausforderungen gezielt anzugehen.
Die Zukunft der Verwaltung kann durch Normen und Standards unterstützt werden. Beteiligen Sie sich aktiv an der Normungsarbeit, um die Digitalisierung voranzutreiben und den Bürokratieabbau zu unterstützen.