Prof. Dr.-Ing. habil. Bruno O. Braun

Ehe er erster Geschäftsführer von DIN und Direktor des VDI wurde, war Waldemar Hellmich eine Zeit lang beim Dampfkesselüberwachungsverein, dem Vorläufer des TÜV, tätig, und zwar als Geschäftsführer von dessen Normenkommission. Das Dreiergespann DIN, VDI, TÜV – und die Dampfkessel – sind auch prägende Elemente in der beruflichen Karriere von Prof. Dr.-Ing. Bruno O. Braun, Vorsitzender des Aufsichtsrats der TÜV Rheinland AG und Vorstandsvorsitzender des TÜV Rheinland Berlin Brandenburg Pfalz e. V., um dessen Aufnahme in den Waldemar-Hellmich-Kreis es hier geht. 

Professor Braun, geboren am 26. August 1942 im württembergischen Bietigheim, machte vor dem Abitur eine Lehre als Mechaniker, studierte dann von 1962 bis 1968 Maschinenbau an der Universität Stuttgart (TH) und promovierte dort 1972 zum Dr.-Ing. 1976 erfolgten die Habilitation und Erteilung der Venia Legendi für das Fach "Dampferzeugertechnik" an der Fakultät Energietechnik der Universität Stuttgart, die ihn 1980 zum außerplanmäßigen Professor ernannte. 

Seine Karriere in der Industrie begann 1976 bei der Vereinigte Kesselwerke AG (VKW) in Düsseldorf, wo er 1980 Vorstandsmitglied wurde. Die VKW, deren unternehmerische Wurzeln weit zurück ins frühe 19. Jahrhundert reichen, galt seinerzeit als einer der führenden Kesselhersteller in Deutschland. Sie wurde ab 1963 schrittweise in den Babcock-Konzern überführt. 1982 wurde Professor Braun in Personalunion Vorstandsmitglied der Deutschen Babcock-Werke AG in Oberhausen. Im Jahr 1985 wechselte er zu einem weiteren traditionsreichen Unternehmen, nämlich zur 1874 gegründeten Sempell AG in Korschenbroich bei Mönchengladbach. Beim Hersteller von Regel-, Sicherheits- und Absperrarmaturen diente er als Vorsitzender des Vorstandes. Anschließend war Professor Braun von 1990 bis 1992 Vorstandsvorsitzender des in Düsseldorf ansässigen Großanlagenbauers, Lentjes AG, der zu dieser Zeit – nach Übernahme durch die Metallgesellschaft – auch eng mit der Deutschen Babcock kooperierte. 

1993 wechselte Professor Braun zur TÜV Rheinland AG. Hier gestaltete er als Vorstandsvorsitzender den Umbau des Konzerns von einer regional ausgerichteten Prüforganisation zu einem internationalen Dienstleister. „Er hat den TÜV Rheinland geprägt wie niemand vor ihm und das will etwas heißen, bei einem Unternehmen, das 140 Jahre am Markt ist“, wie es 2012 in der Laudatio auf Professor Braun anlässlich der Verleihung des ÖkoGlobes für sein Lebenswerk hieß. Unter seiner Leitung wurden unter anderem der TÜV Pfalz, der TÜV Berlin Brandenburg und die Kraftfahrtsparte des TÜV Saarlands in die Unternehmensgruppe integriert. Seit 2010 amtiert Professor Braun als Aufsichtsratsvorsitzender der TÜV Rheinland Holding AG. Die enge Verbindung zwischen technischer Überwachung und Normung belegen die rund 200 Experten und Expertinnen der TÜV Rheinland, die ihr Fachwissen in die Normungsarbeit von DIN einbringen. 

Im Zuge der 1997 erfolgten Fusion mit dem TÜV Berlin-Brandenburg e. V. zum TÜV Rheinland Berlin Brandenburg e. V. gab es die ersten geschäftlichen Kontakte zu DIN, denn mit der Fusion kam auch die 1992 gegründete, auf den Export nach Russland spezialisierte Zertifizierungsgesellschaft DIN GOST TÜV Berlin-Brandenburg GmbH zu dem Kölner Dienstleistungskonzern, der als Gesellschafter zunächst zu 50 Prozent daran beteiligt war. 2014 wurde die Beteiligung auf 80 Prozent aufgestockt. Die erfolgreiche Geschäftsentwicklung konnte erst in letzter Zeit aufgrund handelspolitischer Maßnahmen nicht fortgeführt werden, und die Geschäftstätigkeit wird eingestellt. 

Zur Jahrtausendwende intensivierten sich die persönlichen Beziehungen von Professor Braun zu DIN. Ab Juli 2000 war er Gast des DIN-Präsidiums und wurde im November desselben Jahres ins Präsidium gewählt. Ein Jahr später wurde er zum stellvertretenden Vorsitzenden des Finanzausschusses des Präsidiums berufen. Nach Ablauf der ersten sechsjährigen Amtszeit schied er satzungsgemäß aus, blieb aber als ständiger Gast des Präsidiums während der vorgeschriebenen Amtsunterbrechung von zwei Jahren im Finanzausschuss aktiv und wurde anschließend für eine zweite sechsjährige Amtsperiode (bis 2015) wieder ins Präsidium gewählt. Zurzeit ist Professor Braun erneut ständiger Gast des Präsidiums. Den stellvertretenden Vorsitz im Finanzausschuss hielt er ohne Unterbrechung bis zu seinem Ausscheiden Ende 2015 und war neben Udo vom Berg und dem Vorsitzenden Erwin Staudt mit 14 Amtsjahren das am längsten tätige Mitglied des Ausschusses. 

Im Präsidium vertritt Professor Braun den Bereich der technischen Überwachung. Überwachung gehört selbstverständlich auch zu den Aufgaben des Finanzausschusses. Gleich zum Auftakt seiner Mitarbeit im Ausschuss 2001 beschloss das Präsidium, den vorgeschlagenen Änderungen der Geschäftsordnung „zur Konkretisierung der Aufsichtsfunktionen des Finanzausschusses“ zuzustimmen. Der Finanzausschuss trifft sich in der Regel zweimal im Jahr. Neben den drei bereits erwähnten Vertretern der Wirtschaft besteht der Ausschuss aus dem Präsidenten, seinen Stellvertretern sowie einem Vertreter des Bundeswirtschaftsministeriums im Rang eines Abteilungsleiters.  

Gesunde Finanzen sichern die Unabhängigkeit von DIN als privatwirtschaftlich aufgestellte Organisation. Dementsprechend ernst und ausführlich werden die Diskussionen geführt. Dabei gilt Professor Braun als guter Zuhörer, als ruhiger und besonnener Gesprächspartner und als einer, der komplexe Sachverhalte auf den Punkt bringen und die Diskussionen mit einer Prise frischem Humor würzen kann. Die hohe Stabilität in der Zusammensetzung des Finanzausschusses kommt der Qualität der Entscheidungsfindung zugute. Wie es Professor Braun in einem anderen Kontext formulierte: „Ich glaube nicht, dass unternehmerisch erfolgreich ist, wer die Aussichten eines Konzepts auf der Basis der Zahlen nur eines Jahres beurteilt“. 

In den letzten Jahren wird im Bericht des Finanzausschusses an das Präsidium regelmäßig festgestellt, dass „DIN das Geschäftsjahr erfolgreich mit einem Jahresüberschuss in Höhe von XXX beendet“ habe und dass „das Geschäftsjahr XXXX bisher zufriedenstellend“ verlaufe. Im Jahr 2001 allerdings war die Finanzsituation des Hauses weniger erfreulich. Die mehrfache Kürzung der Zuwendungen der öffentlichen Hand bei Fortsetzung wichtiger, aber damit unterfinanzierter Normungsarbeiten hatte zu einem Verlustvortrag von knapp drei Millionen Euro geführt. Dieser konnte zwar durch konsequent durchgeführte Sparmaßnahmen bis 2004 um die Hälfte reduziert werden, aber ein Jahr später stieg er wieder infolge der mit der Schließung der Kölner Niederlassung verbundenen Sachaufwendungen und Rückstellungen auf knapp fünf Million Euro. Die mutige, vom Finanzausschuss mitgetragene Entscheidung der Geschäftsleitung, die Niederlassung in Köln zu schließen und die dort ansässigen DIN-Normenausschüsse nach Berlin zu verlagern, erwies sich als strategisch und wirtschaftlich richtig. Bis 2009 konnte der Verlustvortrag komplett abgebaut werden. 

Eine weitere strategische Maßnahme dieser Jahre, bei der der Finanzausschuss der Geschäftsleitung beratend zur Seite stand, war die Konsolidierung der DIN-Gruppe mit der klaren Trennung zwischen dem Kernbereich der gemeinnützigen Normung und den gewinnorientierten Aktivitäten der Tochter- und Beteiligungsgesellschaften. In diesem Zusammenhang erfolgte 2004 auch die Übernahme durch die TÜV Rheinland Group von 80 % der Anteile an der DIN CERTCO GmbH, wodurch diese ihr Produktportfolio um weitere Dienstleistungen ergänzen konnte. Auch diese Maßnahme hat sich in der Folge zur Zufriedenheit der Beteiligten positiv ausgewirkt. 

Neben seinem Engagement bei DIN war Professor Braun von 2000 bis 2004 Vorsitzender des VdTÜV e. V. und ab Mai 2007 für vier Jahre Präsident des VDI. Dort widmete er sich insbesondere der Stärkung des Berufsbildes des Ingenieurs in der Öffentlichkeit und der Förderung des technischen Nachwuchses in Deutschland. Die engen Beziehungen zwischen DIN und seiner ursprünglichen „Muttergesellschaft“ VDI sind bekannt. Nicht nur durch die gemeinsam unterhaltenen Normenausschüsse Kommission Reinhaltung der Luft - Normenausschuss (KRdL) und Akustik, Lärmminderung und Schwingungstechnik (NALS) haben die beiden Vereine viele Berührungspunkte.  2006 wurde ihre seit langem bestehende Kooperationsvereinbarung den neuen Gegebenheiten angepasst.  Ziel dabei war es, die Abstimmung der jeweiligen Arbeitsprogramme so zu verbessern, dass Doppelarbeit und Doppelfestlegungen unbedingt vermieden und sämtliche Synergieeffekte genutzt werden können. 

Über sein Engagement für berufsnahe Organisationen wie DIN und VDI hinaus leistete Professor Braun einen wichtigen Beitrag im außenpolitischen Bereich als Präsident der Deutsch-Belgisch-Luxemburgischen Außenhandelskammer sowie als ehrenamtlicher Vorsitzender des Deutsch-Chinesischen Dialogforums. Er ist zudem seit 1994 Honorarkonsul der Republik Lettland und Vorstandsmitglied des Baltic Sea Forum. Auch im kulturellen Bereich ist Professor Braun vielseitig engagiert. So unterstützt er unter anderem die Kölner Hochschule für Musik und Tanz durch die Vergabe von Stipendien sowie das Kammermusikensemble Concerto Köln. Er ist auch Gründungsmitglied des Klavierfestivals Ruhr sowie des Vereins Kuratorium KölnMusik e. V.

Professor Braun ist für seine Lebensleistung mehrfach geehrt worden. Neben dem bereits erwähnten ÖkoGlobe wurde ihm 2013 die höchste Ehrung des VDI, die 1894 gestiftete Grashof-Denkmünze, verliehen. Die Verleihung des Großen Verdienstkreuzes des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland folgte Anfang 2015. Nun möchte DIN Professor Braun für sein langjähriges Engagement und seine besonderen Verdienste vor allem um das finanzielle Wohlergehen des Hauses danken und ihn durch die Aufnahme in den Waldemar-Hellmich-Kreis ehren. Das ist nicht ganz uneigennützig, denn die Satzung sieht vor, dass die Mitglieder des Kreises als Ehrensenat DIN weiterhin mit gutem Rat „zur lebendigen Weiterentwicklung der Normungsarbeit“ beistehen.